Kulturelle Brückenbauer gesucht
Jetzt bewerben: Wie die renommierte Kulturakademie Tarabya in Istanbul dem deutsch-türkischen Dialog neue Impulse gibt.
Sie ist ein außergewöhnlicher Ort des kulturellen Austauschs – und schafft Raum für vielfältige Begegnungen: an ihrem Standort in Istanbul, aber auch darüber hinaus. Die Kulturakademie Tarabya, die auf Initiative des Deutschen Bundestags auf dem Gelände der historischen Sommerresidenz des deutschen Botschafters eröffnet wurde, ermöglicht seit fünf Jahren herausragenden Künstlerinnen und Künstlern Gastaufenthalte. Das Residenzprogramm wird von der Deutschen Botschaft Ankara betrieben und ist Teil der Kulturarbeit der Botschaft in der Türkei. Die kuratorische Verantwortung trägt das Goethe-Institut. Über das neue, offene Bewerbungsverfahren sprechen im Interview der Leiter der Kulturakademie Tarabya, Meik Clemens Laufer, und die Kuratorin Pia Entenmann.
Warum war es Ihnen wichtig, bei der Auswahl der Stipendiaten für die Kulturakademie Tarabya auf ein offenes Bewerbungsverfahren umzustellen?
Pia Entenmann: Seit dem Einzug der ersten Stipendiatinnen und Stipendiaten vor fünf Jahren haben über sechzig Künstlerinnen und Künstler auf dem Gelände der historischen Sommerresidenz des deutschen Botschafters an ihren Projekten gearbeitet, darunter die Schriftstellerin Nino Haratischwili, der Fotograf Jim Rakete, die Theaterautorin Marianna Salzmann, die Komponistin Angelika Niescier oder die Bildende Künstlerin Nevin Aladağ. Durch das bisherige Nominierungsverfahren hat die Kulturakademie ein exzellentes Renommee erlangt und verfügt über einen Kreis hochkarätiger Alumni. Mit dem offenen Verfahren möchten wir nun neue Zielgruppen erreichen und weiteren, außergewöhnlichen Talenten Arbeitsaufenthalte in der Kulturakademie ermöglichen.
Inwieweit öffnet sich die Kulturakademie Tarabya mit dem neuen Bewerbungsverfahren für andere Zielgruppen?
Pia Entenmann: Wir öffnen die Kulturakademie für Kreative mit Lebens- und Schaffensmittelpunkt in Deutschland, die in den Disziplinen Architektur, Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Design, Literatur, Musik, Film, Publizistik oder Kulturtheorie tätig sind. Zudem sind Bewerbungen deutsch-türkischer Künstlertandems im Rahmen von sogenannten Koproduktionsstipendien möglich.
Warum ist es Ihnen gerade in Zeiten, in denen die deutsch-türkischen Beziehungen in einer Krise sind, besonders wichtig, für die Kulturakademie Tarabya zu werben?
Meik Clemens Laufer: Die Kulturakademie Tarabya ermöglicht es Künstlern, deren Lebensmittelpunkt in Deutschland ist, für einen Zeitraum von vier bis zehn Monaten an der historischen Sommerresidenz des deutschen Botschafters am Bosporus zu wohnen und Kunst zu schaffen. Zudem wird den Künstlern nahegelegt und ihnen dabei geholfen, sich vor Ort mit türkischen Counterparts zu vernetzen und gemeinsame Projekte in Angriff zu nehmen. In Zeiten, in denen sich die politischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern in schwierigem Fahrwasser befinden, ist es umso wichtiger, dass wir den Dialog auf zivilgesellschaftlicher Ebene verstetigen beziehungsweise intensivieren. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass die Künstler, die in Tarabya residieren, ganz vortreffliche Brückenbauer zwischen beiden Ländern sind und wundervolle Projekte zusammen mit türkischen Künstlern auf die Beine stellen.
Können Sie dazu ein aktuelles Beispiel nennen?
Meik Clemens Laufer: Ein besonders gutes Beispiel ist unsere aktuelle Stipendiatin Angelika Niescier. Die Saxofonistin hat mit Unterstützung des Goethe-Instituts während ihres dreimonatigen Aufenthalts in Tarabya bisher sieben Konzerte mit türkischen Musikern organisiert und dazu jeweils ein bunt gemischtes deutsch-türkisches Publikum begeistern können. So hat Frau Niescier einen wunderschönen Beitrag zum Dialog zwischen unseren beiden Ländern geleistet. Und das ist nur ein Beispiel des deutsch-türkischen Austauschs, der durch die Künstler an der Kulturakademie Tarabya mit Leben gefüllt wird.
Interview: Johannes Göbel