„Das Bauhaus verkörpert Freiheit“
Mehr als gute Formen: Weshalb das Bauhaus Kreative bis heute inspiriert, verrät Claudia Perren, Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau.
Früher eine Schule, heute eine Stiftung: Nach der Wiedervereinigung gründete die Bundesregierung 1994 die Stiftung Bauhaus in Dessau. Ihre Aufgabe besteht im Erhalt des kulturellen Erbes des Bauhaus, das in Weimar und Dessau seit 1996 auch unter dem Schutz der UNESCO steht. 2014 übernahm die Architektin Claudia Perren die Direktion der Stiftung.
Frau Perren, 2019 feiert Deutschland 100 Jahre Bauhaus. Was war das Besondere an dieser Hochschule für Gestaltung?
Das Bauhaus ist nach dem Ersten Weltkrieg entstanden, um neue Formen der Lebensgestaltung zu finden. In Dessau hat man beispielweise damit angefangen Prototypen zu bauen, die es der Arbeiterklasse ermöglichen sollte, ein eigenes Haus zu besitzen. Durch Projekte im sozialen Wohnungsbau hat das Bauhaus direkt in die Gesellschaft eingewirkt. Deshalb ist es nicht nur ein gestalterisches Modell, sondern auch ein gesellschaftliches und ein wirtschaftliches.
… und ein politisches?
Ja, das Bauhaus war ganz klar politisch. Es basierte auf einem demokratischen Grundverständnis und hat unterschiedliche Meinungen zugelassen. Es war immer ein Ort der großen Diskurse und Debatten. Das ist auch unser Anspruch an das Bauhaus in Dessau.
Das Bauhaus gab es nur 14 Jahre. Welchen Einfluss hat es heute noch auf Kunst, Design und Architektur?
Das Bauhaus war vor allem transdisziplinär und international. Junge Menschen aus aller Welt studierten am Bauhaus und gingen danach zurück in ihr Land oder zogen weiter. Dadurch hat sich das Bauhaus von Anbeginn aus unterschiedlichsten internationalen Aspekten entwickelt und gleichzeitig haben sich seine Ideen, Techniken, Methoden und Praktiken immer weiter auf der ganzen Welt verbreitet. Heute greifen nicht nur Designer und Architekten auf das Bauhaus zurück, auch Schauspieler, Musiker und Fotografen sehen es als Inspirationsquelle.
Was reizt Sie persönlich am Bauhaus?
Mich fasziniert tatsächlich die Internationalität am meisten. Ich bin in Ostberlin aufgewachsen und war 17 als die Mauer fiel. Danach habe ich in Zürich, New York und Sydney gelebt, bevor ich mit meiner Familie nach Dessau zog. Das Bauhaus in seiner Internationalität verkörpert für mich diese Freiheit. Zum anderen steht es für eine frühe Form der Gleichberechtigung. Frauen hatten es zwar nicht immer leicht am Bauhaus, dennoch hatten sie Anfang des 20. Jahrhunderts die Möglichkeit am Bauhaus zu studieren. Das sind sehr zeitgemäße Ansätze, die uns auch heute noch beschäftigen.
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