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Deutschland erklären – mit einem Augenzwinkern

Klischees und Kulinarik: Wie Influencer mit asiatischen Wurzeln ihre Followerinnen und Follower mit Inhalten zu Deutschland unterhalten.

Autorin Julia KanningJulia Kanning , 03.02.2025
Surabhi Bhawsar aus Indien erklärt Deutschland.
Surabhi Bhawsar aus Indien erklärt Deutschland. © privat

Wie ticken die Deutschen? Was drei junge Influencer mit asiatischen Wurzeln, die in Deutschland leben, beobachtet haben – und wie sie daraus erfolgreiche Social-Media-Clips basteln. 

„Damit andere sich in Deutschland genauso wohlfühlen wie ich“

Surabhi Bhawsar, 30 Jahre, Produktmanagerin

„Als ich vor fünf Jahren meinen Instagram-Kanal gestartet habe, hätte ich nie gedacht, dass mir dort einmal fast 80.000 Menschen folgen werden. Fast alle meine Followerinnen und Follower kommen wie ich aus Indien und sind nach Deutschland gezogen oder denken darüber nach. Mein Content richtet sich speziell an diese Gruppe: Ich will ihnen anbieten, was ich mir früher oft gewünscht hätte. 

Als ich 2018 mit meinem Mann wegen eines Jobs nach Schwäbisch Gmünd gezogen bin, wusste ich kaum etwas über Deutschland und war überfordert von der Lebensweise, die völlig anders ist als in Indien. In meiner Heimat ist es beispielsweise normal, leere Flaschen einfach wegzuwerfen – so etwas wie Pfand oder nach Glasfarben getrennte Altglascontainer kennen wir nicht. 

Auch Ruhetage sind Menschen aus Indien fremd: Wir sind es nicht gewohnt, dass am Sonntag die Läden geschlossen bleiben und man keinen Lärm machen darf. Ich bin deshalb anfangs in einige Fettnäpfchen getreten. Damit neu ankommenden Inderinnen und Indern nicht das Gleiche passiert, leiste ich auf Instagram Aufklärungsarbeit. In meinen Videos erkläre ich Regeln des deutschen Alltags oder informiere über die Bürokratie, die es echt in sich hat. Ein Beispiel: Als ich vor eineinhalb Jahren meine Tochter zur Welt brachte, stellte ich fest, wie komplex es ist, Elterngeld zu beantragen. Ich verpacke diese trockenen Infos in lustige Reels – das kommt an! Mein meistgeklicktes Video wurde mehr als fünf Millionen Mal abgerufen, darin geht es um die korrekte Entsorgung von Altglas. 

Besonders beliebt sind die Videos, in denen ich Tipps gebe, wie man den Bezug zu seiner Heimat nicht verliert: Ich verrate etwa, wo man in Deutschland traditionelle indische Kleider kaufen kann. Mich erreichen oft Nachrichten von Inderinnen und Indern, die sich bei mir bedanken, weil ich ihnen das Einleben in Deutschland erleichtere. Genau das ist meine Motivation: Ich will mit meinem Kanal Menschen helfen und dazu beitragen, dass sie sich irgendwann in Deutschland genauso wohlfühlen wie ich!“

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„Ich bin die ,schwäbische Asiatin‘!“

Diana Hoang, 29 Jahre, Content Creatorin

Diana Hoang hat sich als „schwäbische Asiatin“ einen Namen gemacht.
Diana Hoang hat sich als „schwäbische Asiatin“ einen Namen gemacht. © privat

„Social Media hat mich schon immer fasziniert. Trotzdem habe ich mir lange nicht zugetraut, selbst einmal Teil dieser Welt zu sein. Als Teenagerin habe ich sehr gern die YouTube-Videos meiner Idole angeschaut: Das waren vor allem Beautyvideos von asiatisch-amerikanischen oder asiatisch-britischen Influencerinnen. Meine Wurzeln liegen auch in Asien, in Vietnam. Meine Eltern sind nach Deutschland ausgewandert und haben sich in Schwaben niedergelassen. 

Ich habe mich dort oft als Teil von zwei Welten gefühlt: Zu Hause sprach ich Vietnamesisch und wuchs mit der vietnamesischen Kultur auf, in der Schule eignete ich mir den schwäbischen Dialekt an. Ich kam in beiden Welten klar, aber mir fehlten Menschen, denen es genauso ging. Diese Menschen habe ich dann auf YouTube gefunden: Die Influencerinnen mit asiatischem Migrationshintergrund wurden zu meinen Vorbildern. 

Nach dem Abitur studierte ich und begann in einer Agentur zu arbeiten. Das war cool, aber erfüllte mich nicht ganz: Ich wollte kreativ sein, Menschen inspirieren und zum Lachen bringen. In der Corona-Pandemie erzählte mir eine Freundin, dass die App TikTok unterhaltsam sei. Aus Spaß und Langweile stellte ich dort ebenfalls kurze Clips ein. 

Richtig durch die Decke gingen die Videos, in denen ich als Person mit asiatischem Erscheinungsbild meine schwäbische Seite zeigte und etwa im Dialekt regionales Essen bewertete. Damit hatte ich meine Nische gefunden: Ich bin die ,schwäbische Asiatin‘! Eines meiner Videos wurde sogar 16 Millionen Mal geklickt. Dieser Erfolg hat mir Mut gemacht: Inzwischen bin ich hauptberuflich Content Creatorin. Es ist schön zu wissen, dass ich mit meinen Videos den Menschen da draußen ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann!“ 

„Das Leben in Deutschland – durch die Augen eines Koreaners“

Chamsol Sim, 31 Jahre, Student

Chamsol Sim aus Südkorea will seine Zuschauer unterhalten.
Chamsol Sim aus Südkorea will seine Zuschauer unterhalten. © privat

„Ohne die Corona-Pandemie wäre ich wohl nie Influencer geworden. Aber im Frühjahr 2020 saß ich im Lockdown zu Hause in Berlin, hatte nichts zu tun und begann aus Langeweile, TikTok-Videos zu erstellen. Im ersten Clip, den ich veröffentlichte, bekam ich Bilder von Tieren angezeigt, deren Namen ich dann auf Deutsch sagte: Jaguar, Pinguin, Frosch. Es war albern, ich dachte mir nichts dabei. Umso überraschter war ich, als das Video plötzlich viral ging. Tausende Menschen kommentierten, wie ,süß‘ meine Aussprache und mein koreanischer Akzent seien, und teilten es mit ihren Freunden. Zu dem Zeitpunkt lebte ich seit knapp zwei Jahren in Deutschland, um Betriebswirtschaft zu studieren. Als ich merkte, dass viele Deutsche auf TikTok und Instagram an mir als Koreaner Interesse zeigten, fing ich an, regelmäßig zu posten und mir mehr Gedanken über den Inhalt meiner Videos zu machen. 

Einerseits möchte ich unterhalten, andererseits das Leben in Deutschland durch die Augen eines Koreaners zeigen und auf kulturelle Unterschiede aufmerksam machen. Ich glaube, ich treffe damit gerade einen Nerv: In Deutschland begeistern sich inzwischen viele Menschen für koreanische Popkultur, Musik und Kosmetik. Auch die Kulinarik interessiert sie. In einem meiner beliebtesten Videos spiele ich zwei Charaktere – einen Deutschen und einen Koreaner – die zusammen frühstücken wollen, aber dann das Essen des jeweils anderen ganz unpassend finden: Der Deutsche frühstückt Croissant und Brot, der Koreaner scharfe Nudelsuppe. So ein Video ist aufwendiger als man denkt. Oft grübele ich einen Tag über das Konzept nach, zum Drehen und Schneiden brauche ich mehrere Stunden. 

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Das kreative Arbeiten macht mir viel Spaß, aber ich möchte trotzdem Hobby-Influencer bleiben. Ich ziehe mein Studium durch – obwohl mir fast eine Million Menschen auf TikTok folgen. Ich werde inzwischen sogar auf der Straße erkannt und um Selfies gebeten. Natürlich ist das schön, gleichzeitig bin ich immer noch erstaunt: Ich bin doch kein Weltstar, nur ein Typ, der Videos macht!“