Luthers Erben weltweit
Die Reformation wurde schnell zum Exportschlager. Heute lebt nur noch die Minderheit der Protestanten in Europa. Eine Ausstellung in Berlin lenkt den Blick nach Schweden, Südkorea, Tansania und in die USA.
Deutschland. Nur noch eine Minderheit der weltweit rund 800 Millionen Protestanten lebt in Europa. Die meisten Erben der Reformation sind in Nord- und Südamerika, in Afrika und Asien zu Hause. Die Ausstellung „Der Luthereffekt“ im Berliner Martin-Gropius-Bau zeigt, wie es dazu kam und welches Konfliktpotenzial darin steckte. Die Schau wurde vom Deutschen Historischen Museum erarbeitet und ist die erste von drei nationalen Sonderausstellungen, mit denen die Bundesregierung die Feierlichkeiten zum 500. Jahrestag der Reformation unterstützt.
Luther war nicht der einzige Rebell
Gleich zu Beginn zeigt die Ausstellung, wie sich im 16. Jahrhundert in Wittenberg, Zürich und Genf Reformationen mit eigenen Akzenten ausprägten. Besonders die Variante des Genfer Reformators Johannes Calvin entwickelte sich zum „Exportschlager“. Die erste protestantische Staatskirche mit einer neuen religiösen Kultur entstand in Schweden. Im 17. Jahrhundert gingen die europäischen Glaubensflüchtlinge in der Neuen Welt einen anderen Weg: Sie gründeten eine Vielzahl unabhängiger Kirchen, was die Ausstellung mit zahlreichen bildlichen Exponaten, Gesangbüchern, Kultgegenständen und anhand vieler Briefe von Missionaren anschaulich dokumentiert.
Chancen und Abgründe
Die Ausstellung stellt mit Südkorea und Tansania auch zwei Länder vor, in denen der Protestantismus gerade großen Zuspruch erfährt. Und sie nimmt Chancen wie Abgründe in den Blick: Missionare verteidigten in vielen Ländern die Rechte der Menschen gegenüber korrupten Machthabern. In anderen wirkten sie hingegen mit an der Unterdrückung. Wie widersprüchlich die protestantische Welt von Anfang an war, zeigte sich auch an der Haltung zur Sklaverei: Während sich die Quäker für ihre Abschaffung einsetzten, stritten die Baptisten in den Südstaaten der USA mit theologischen Argumenten für die Beibehaltung der unbarmherzigen Praxis.
Lebendig war und ist der Protestantismus dort, wo er sich seinen Schattenseiten stellt, sich weiterentwickelt und auch einheimische Traditionen aufnimmt. Das zu erkennen, ist nicht nur für religiös interessierte Ausstellungsbesucher ein Gewinn.