Plattform für künstlerischen Austausch
Circle1 in Berlin ist mehr als eine Galerie. Gegründet von israelischen Künstlern will sie vor allem ein Raum für Begegnung sein.
Ob 20 000 oder gar 50 000 überwiegend junge Israelis in Berlin leben, man weiß es nicht genau. Was Aharan Ozery allerdings weiß, ist, dass an dem Abend, als die erste Ausstellung der Galerie Circle1 eröffnete, 300 Menschen nach Kreuzberg kamen. „Viele Israelis, die nach Berlin kommen, sind Kreative“, erzählt der 44-Jährige, der selbst vor fünf Jahren in die deutsche Hauptstadt zog, „bezahlbare Mieten in einer pulsierenden Metropole ziehen Künstler ebenso wie Musiker oder Tänzer an. Sie kommen und sie werden weiter kommen. Und sie sind gut vernetzt.“
Zu dieser Vernetzung tragen die israelischen Künstler Aharan Ozery und Alona Harpaz sowie zwei weitere Mitgaleristen seit Ende 2013 mit einem eigenen Raum bei. Circle1 ist eine Galerie mit „israelischer Identität“, in der sich israelische, internationale und lokale Künstler begegnen. Alle sechs Wochen eröffnet in der Non-Profit-Galerie, deren einziger Förderer der Hausbesitzer ist, der die Räume pro bono zur Verfügung stellt, eine Ausstellung. Den Auftakt machte eine Gruppenausstellung von zehn israelischen Künstlern; es folgten überwiegend israelische Künstler, aber auch Künstler aus Berlin, den USA oder Syrien. Mehrmals schon wurde Abschlussklassen von Kunsthochschulen aus Israel und Berlin die Gelegenheit zur gegeben, ihre Werke hier zu präsentieren.
Es bleibt aber nicht bei Ausstellungen: Circle1 will „Plattform für Kunst und Kultur“ mit dem Ziel des „interkulturellen und interdisziplinären Dialogs“ sein und veranstaltet auch Lesungen, Videoabende und Konzerte. Unter anderen war bereits die bekannte israelische Autorin Lizzie Doron zu Gast. Ziel sei, sagt Ozery, „einen Ort zu haben, an dem Begegnungen stattfinden und der zugleich Startpunkt für weitere Begegnungen ist.“
Der nächste große Schritt steht bevor: Die Circle 1-Macher kuratieren die künstlerische Sektion des ID-Festivals, ein von dem Komponisten Ohad Ben Ari initiiertes Treffen, das vom 16. bis 18. Oktober das Schaffen von mehr als 100 in Deutschland lebenden israelischen Künstlern verschiedener Genres im Berliner Radialsystem präsentiert. Auch hier werden thematisch Fragen nach Identität und Herkunft, Freiheit und Zusammenleben im Mittelpunkt stehen.
Auch bei der Besetzung des ID-Festivals zeichnet sich ab: Die große Mehrheit der israelischen Künstler zieht es nicht irgendwohin nach Deutschland, sondern nach Berlin. „Der Zug nach Berlin ist genau das: ein Zug nach Berlin“, erzählt Aharan Ozery, „wir versuchen Kontakte in andere Städte wie die Welt zu knüpfen. Aber Berlin ist ein klarer Schwerpunkt“. Alona Harpaz sagt: „Für mich ist die Stadt das perfekte Umfeld. Jeder hat hier die Freiheit zu sein, wer er ist.“ Berlin bedeutet aber oft keinen Umzug für immer: Die Macher von Circle1 verbringen alle nach wie vor einen Teil ihres Lebens in Israel; Ozery zieht zudem 2016 nach Kanada. Wer die Werke des Installationskünstlers sehen will, hat dazu in diesem Herbst Gelegenheit: Nahezu zwei Jahre nach der Eröffnung stellt er selbst in der von ihm mitbetriebenen Galerie aus. ▪