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Bedrohten Journalistinnen zur Seite stehen

Die Nachrichtenagentur Cimac setzt sich für Gleichberechtigung in der mexikanischen Medienlandschaft ein.

Sonja Gerth, 05.02.2025
Cimac engagiert sich im Kampf gegen Femizide.
Cimac engagiert sich im Kampf gegen Femizide. © Cimac

Angefangen hat alles mit einer Beilage der Zeitung „La Jornada“ in Mexiko-Stadt. Mehrere renommierte Journalistinnen arbeiteten Ende der 1980er- Jahre an der Veröffentlichung mit, die einmal im Monat feministische Themen aufgriff. „Irgendwann fragten wir uns: ‚Können wir nicht etwas tun, um längerfristig der Abwesenheit von Frauen in der Berichterstattung entgegenzuwirken?‘ So begann Cimac“, erzählt Lucía Lagunes Huerta. Sie ist heute die Direktorin der feministischen Nachrichtenagentur, die unter anderen vom deutschen Hilfswerk „Brot für die Welt“ unterstützt wird.

Lucía Lagunes Huerta, Direktorin von Cimac
Lucía Lagunes Huerta, Direktorin von Cimac © Cimac

Die Journalistinnen von Cimac wollten Geschichten recherchieren, in denen Frauen im Mittelpunkt standen, Expertinnen waren und nicht auf stereotype Weise abgebildet wurden. Damals tauchten Frauen in den Medien fast ausschließlich als Opfer von Verbrechen auf, in Berichten über Hochzeiten, Liebesbeziehungen von Berühmtheiten oder bei Haushaltsthemen. Die Beiträge von Cimac sollten allen großen Zeitungen angeboten werden – damals noch auf der Schreibmaschine getippt und per Post verschickt.

Nachrichtenagentur als Herzstück

Heute hat Cimac rund zehn Mitarbeitende, die Aufgaben sind vielfältiger geworden. Das Herzstück ist nach wie vor die Nachrichtenagentur, für die mehrere Reporterinnen täglich Berichte schreiben und über eine Webseite zur Veröffentlichung anbieten. Rund 100 Redaktionen im Land übernehmen Artikel von Cimac – ohne Gebühr, nur gegen Nennung der Agentur und der jeweiligen Autorin. Um diese Arbeit gewährleisten zu können, arbeitet Cimac mit internationalen Partnern zusammen, seit 2017 auch mit Brot für die Welt aus Deutschland.

Das Hilfswerk der evangelischen Kirchen in Deutschland entsandte journalistische Fachkräfte und finanziert ein Projekt, das die Gewalt gegen Journalistinnen und Menschenrechtsverteidigerinnen sichtbar machen soll. „Die Zusammenarbeit mit Cimac ergänzt vielfältige Kooperationen von Brot für die Welt in Mexiko und trägt zur Pressefreiheit bei“, erklärt Christiane Schulte, Abteilungsleiterin Lateinamerika und Karibik bei der Organisation. Denn Cimac beobachte und thematisiere Menschenrechtsverletzungen unter anderem an Personen, die sich für Frauenrechte, indigene Rechte, für queere Menschen und die Rechte der Landbevölkerung einsetzten.

Die Journalistinnen verfolgen Fälle über Jahre

Cimac berichtet über Fälle von Femiziden, gewaltsamem Verschwindenlassen und über den Kampf von Menschenrechtsaktivistinnen für Gerechtigkeit. Daneben prüft die Redaktion zum Beispiel die Wahlprogramme der Parteien auf ihre gleichstellungspolitischen Ziele, verfolgt das Engagement von Frauenhäusern für eine angemessene Finanzierung und berichtet über die Forschung zu Brustkrebs oder die Arbeit von Hebammen auf dem Land. Oftmals verfolgen die Reporterinnen Fälle über Jahre hinweg. So gehörte die Agentur zu den ersten Medien, die um die Jahrtausendwende die Frauenmorde von Ciudad Juárez aufgriffen. Der mangelnde Schutz von Frauen, die fehlende Aufklärung durch den Staat und die Untätigkeit der Justiz wurden Jahre später in einem Urteil des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte bestätigt. Die Reportagen von Cimac wurden mehrfach ausgezeichnet

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Die Arbeit der Agentur sowie der feministischen Bewegung in Mexiko insgesamt hat inzwischen auch bei anderen Medien etwas verändert, sagt Lucía Lagunes: „Es gibt heute eine Offenheit – auch bei männlichen Journalisten – sich Werkzeuge anzueignen, um ohne Sexismus zu berichten. Für Journalistinnen ist es einfacher geworden, nicht nur soziale Themen zu platzieren. Und es wird anerkannt, dass Einschränkungen der Pressefreiheit für Journalistinnen eine doppelte Dimension haben: dass sie einerseits als Medienschaffende und andererseits als Frauen Diskriminierung erfahren.“

Cimac berät auch zu Schutzprogrammen

Cimac versucht dann, eine Öffentlichkeit herzustellen, so Lagunes. „Beispielsweise gab es den Fall einer Journalistin in Puebla, die den Gouverneur in einer Pressekonferenz nach der Zahl der Femizide fragte. Dieser beleidigte sie daraufhin auf frauenfeindliche Weise. Ein Akt der Einschüchterung und der Gewalt. Wir machen darauf aufmerksam, dass diese Worte sexistisch sind, die Arbeit der Kollegin abwerten und ein Umfeld der Gewalt schaffen.“ Cimac führt in solchen Fällen auch Risikoanalysen mit gefährdeten Personen durch, ist telefonisch erreichbar und berät Frauen, falls sie in ein Schutzprogramm für Journalistinnen und Menschenrechtsverteidigerinnen aufgenommen werden möchten. 

 

Sonja Gerth

ist Journalistin und hat als Fachkraft von Brot für die Welt selbst bei Cimac gearbeitet.