Zum Hauptinhalt springen

„Menschlich und medizinisch spannend“

Sie ist dabei, wenn ein neues Leben beginnt: Ulrike Posselt erzählt von der Ausbildung und dem Alltag einer Hebamme.

10.09.2018
Ulrike Posselt arbeitet als freiberufliche Hebamme in Berlin.
Ulrike Posselt arbeitet als freiberufliche Hebamme in Berlin. © Stephan Pramme

Bei meinem Beruf denken die meisten Menschen an Atemübungen mit Schwangeren und die Geburtshilfe im Kreißsaal. Dabei ist das Aufgabenspektrum einer Hebamme sehr viel größer. Nach meinem Abitur wollte ich einen medizinischen Beruf ergreifen, in dem ich selbstbestimmt arbeiten kann. Ich absolvierte die dreijährige Ausbildung zur Hebamme und war mehrere Jahre als Geburtshelferin in einer Universitätsklinik angestellt. Dann ging ich nach Australien – ich wollte die Welt kennenlernen! In Sydney arbeitete ich als Hebamme in einem Geburtshaus. Ich mag die empathische Arbeit mit den Frauen – der Beruf ist menschlich und medizinisch spannend. Trotzdem habe ich mir in Australien nebenbei einen alten Traum erfüllt und drei Jahre Schauspiel studiert.

Man muss als freiberufliche Hebamme auch Geschäftsfrau sein
Hebamme Ulrike Posselt

Zurück in Deutschland war ich als Leihhebamme bei einer Firma beschäftigt, die Hebammen für einen bestimmten Zeitraum an Kliniken „verleiht“. Da wurde mir bewusst, dass ich nicht mehr in einer Klinik angestellt sein will, weil das Schichtsystem mit Nachdiensten im Kreißsaal sehr anstrengt und oft zu wenig Personal da ist. Allerdings muss ich jetzt als freiberufliche Hebamme auch Geschäftsfrau sein, mich um Abrechnungen und die wachsende Bürokratie kümmern, zu der auch die schriftliche Dokumentation aller Arbeitsschritte gehört.

Hausbesuch bei einer Schwangeren: Wie geht es dem Baby im Bauch?
Hausbesuch bei einer Schwangeren: Wie geht es dem Baby im Bauch? © Stephan Pramme

Seit einigen Jahren gehöre ich zum Team einer Hebammenpraxis, gebe Kurse zur Geburtsvorbereitung und Rückbildung und begleite Frauen und ihre Partner in der Schwangerschaft und im Wochenbett. Aber es reizt mich, weiterzugehen. Also habe ich noch ein Studium zum Bachelor of Midwifery absolviert. Jetzt kann ich einen Masterstudiengang anschließen und mich noch einmal in eine andere Richtung orientieren. Dass angehende Hebammen künftig ein Bachelor-Studium absolvieren müssen, finde ich notwendig, damit sich unser Berufsstand in Deutschland weiterentwickelt und international anerkannt bleibt.

Ulrike Posselt gibt ihr Wissen als Dozentin weiter: Künftig unterrichtet sie angehende Hebammen in Physiologie und Diagnostik.
Ulrike Posselt gibt ihr Wissen als Dozentin weiter: Künftig unterrichtet sie angehende Hebammen in Physiologie und Diagnostik. © Stephan Pramme

Welche Aufgaben hat eine Hebamme?

Hebammen – Männer in diesem Beruf werden Entbindungspfleger genannt – begleiten Frauen während der Schwangerschaft, leiten Geburtsvorbereitungskurse, helfen bei der Entbindung und unterstützen Mütter in den ersten Monaten mit dem Baby.

Wo arbeiten Hebammen?

Hebammen können in einer Klinik angestellt sein oder freiberuflich arbeiten – auch als Beleghebamme in einem Krankenhaus oder in sogenannten Geburtshäusern, die eine Alternative zur Entbindung in Kliniken bieten.

Wie sieht die Ausbildung zur Hebamme aus?

Derzeit absolvieren Hebammen eine dreijährige Ausbildung an Hebammenschulen, die an Kliniken angeschlossen sind. Neben der Theorie sammeln sie Praxiserfahrung im Kreißsaal, auf der Wochenstation, in der Kinderklinik und im Operationssaal. Ab 2020 wird die Ausbildung in ein Bachelorstudium überführt. Angehende Hebammen brauchen dann Abitur oder die Fachhochschulreife.

Protokoll: Nicole Sagener

© www.deutschland.de