Netzwerken auf Spanisch
Sich austauschen, Freundschaften schließen und ein Stück „Zuhause“ erleben: Treffen in deutschen Großstädten bringen Menschen aus Lateinamerika zusammen.
München ist ohnehin eine internationale Stadt, doch an diesem Abend in der kleinen Bar im Zentrum ist die Vielfalt besonders auffällig. Kein Wunder, denn hier treffen sich Menschen aus Lateinamerika, die in Deutschland leben. Peru, Argentinien, Mexiko oder Bolivien – viele Nationalitäten der Region sind vertreten.
Organisiert hat das Treffen Manuel Soria. Der Argentinier wohnt und arbeitet seit 2017 in Berlin. Auf seinem YouTube-Kanal gibt er hilfreiche Tipps zum Leben in Deutschland. Doch nicht nur in der virtuellen Welt bringt er spanischsprachige Menschen aus Lateinamerika zusammen: „Ich wollte einen physischen Ort für Menschen aus der Region schaffen, an dem man sich austauschen kann. Einen Ort, an dem Spanisch gesprochen wird, wo Leute sind, die deinen kulturellen Hintergrund verstehen. Einen Ort, der sich ein bisschen nach zu Hause anfühlt.“
Gespräche zu Alltag, Wohnungssuche, Sprachkursen
2023 organisierte er ein erstes Event für Menschen aus Lateinamerika in Berlin. Die Resonanz war derart positiv, dass er sich entschied, die Treffen regelmäßig zu veranstalten. Die „Encuentros de Hispanos de Latinoamérica“ waren geboren.
Einmal im Monat kommen nun Menschen aus Lateinamerika (und Spanien) zusammen, die in Deutschland leben und arbeiten. Mal treffen sie sich in einer Bar, mal zu einem Picknick im Park. Im Schnitt kommen 40 bis 50 Menschen, einige reisen von weither an, um an den Treffen teilzunehmen. Bei den Meet-ups können sie sich in ungezwungener Atmosphäre austauschen: über das Leben in Deutschland, die Herausforderungen des Alltags und ganz praktische Anliegen. Welchen Antrag muss ich stellen, wo ist gerade eine Wohnung frei und welcher ist der beste Sprachkurs?
Doch es geht bei den Treffen nicht nur um Tipps und Organisatorisches. „Ich freue mich auch einfach, Spanisch sprechen zu können“, sagt Teilnehmerin Carla in der Bar in München. „Ich spreche zwar auch Deutsch und Englisch, aber das ist für mich nicht dasselbe!“ Die Peruanerin kam 2017 als Au-pair nach Deutschland, absolvierte dann einen Freiwilligendienst und anschließend die Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin. Nun arbeitet sie in diesem Beruf.
Bei den Meet-ups kommen Menschen zusammen, die oft mehr gemeinsam haben als die Muttersprache. Die meisten Teilnehmenden sind sich vor den Treffen noch nie begegnet und verlassen sie oft als Freunde. „Wir suchen alle dasselbe: Verbindungen und Freundschaften“, sagt Mariana Torres, eine Teilnehmerin aus Mexiko. Sie lebt seit ungefähr drei Jahren in München und arbeitet als Projektmanagerin in einer Marketingagentur. „Und wir sind alle in einer ähnlichen Situation, das verbindet!“ Viele der Teilnehmenden schätzen die Möglichkeiten, die sie in Deutschland haben, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt. „Selbst ohne Deutschkenntnisse hat man hier gute Chancen“, erzählt Torres von ihren Erfahrungen. „Und wenn du dann noch Deutsch kannst und weiter lernst, öffnet sich ein völlig neuer Horizont an Möglichkeiten.“
Carlos Fontes, ebenfalls aus Mexiko, freut sich darüber, neue Menschen kennenzulernen: „Es ist erstaunlich zu sehen, wie viel man mit Menschen gemeinsam hat, die man vor ein paar Stunden noch gar nicht kannte. Da wir alle Latinos sind, teilen wir bestimmte Erfahrungen und Ansichten.“ Was sie ebenfalls teilen: An das deutsche Wetter mussten sich die meisten erst einmal gewöhnen – auch wenn Carlos Fontes sagt: „Ich habe mich sehr gefreut, endlich einmal Schnee zu sehen!“
Doch trotz der ungemütlichen Winter wächst die lateinamerikanische Community in Deutschland stetig: Immer mehr Menschen finden in Deutschland Arbeit. Angesichts des Fachkräftemangels sind die Chancen für gut ausgebildete Menschen hoch. Mit speziellen Programmen beispielweise in Kolumbien oder Mexiko wirbt Deutschland aktiv um die Fachkräfte. Gerade im Bereich Gesundheit und Pflege besteht ein enger Austausch zwischen den Staaten.
Treffen in weiteren Städten geplant
Auch Manuel Soria spürt das Wachstum der Community in Deutschland. Köln, Frankfurt, Düsseldorf oder Hamburg: Von überall erreichen ihn Anfragen für „Encuentros“. Bei dem Treffen in München sind Menschen aus ganz Bayern angereist, nicht nur aus der Stadt und der Umgebung. Das zeigt, wie groß der Wunsch nach Vernetzung und Gemeinschaft ist. Für 2024 hat Soria daher große Pläne: Er will die Community weiter vernetzen und die Meet-ups in jeder größeren deutschen Stadt veranstalten. Damit noch mehr Menschen leichter einen Ort finden, der sich ein bisschen wie zu Hause anfühlt.