Jugend bewahrt Erinnerung von Zeitzeugen
Wie dokumentiert man Überlebensgeschichten des Holocaust? Der Verein Zweitzeugen zeigt, wie dies in Deutschland durch Jugendarbeit gelingen kann.
Kinder und Jugendliche tragen ihre Geschichten weiter, wenn es Zeitzeugen und -zeuginnen des Holocaust selbst nicht mehr können. Das erklärt im Kern die Arbeit des Vereins „Zweitzeugen“ in Deutschland. Die Ehrenamtlichen ermutigen Kinder und Jugendliche dazu, sich mit der Biografie von Holocaust-Überlebenden zu beschäftige, deren Erinnerungen zu erhalten und weiterzutragen. Denn Menschen, die den Holocaust überlebt haben, sind mittlerweile sehr alt, bald wird niemand mehr seine Geschichte selbst erzählen können.
Rund 22.000 Kinder und Jugendliche sind in dem Verein aktiv und engagieren sich gegen Antisemitismus und Diskriminierung. Seit Gründung im Jahr 2014 bestärkt der Verein junge Menschen darin, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Um Kinder und Jugendliche zu erreichen, gibt es ein didaktisches Konzept in Form von Workshops und Projekten, das zusammen mit Schulen umgesetzt wird. „Dabei sollen insbesondere auch diejenigen erreicht werden, die durch ihr familiäres und soziales Umfeld erschwerten Zugang zu Bildungsangeboten haben“, sagt Christina Walther von Zweitzeugen. Aber wie entsteht der Kontakt zu Zeitzeugen und -zeuginnen, die ihre Biografie mit jungen Menschen teilen?
In seiner Anfangszeit ist der Verein aktiv auf Museen, jüdische Institutionen oder Einzelpersonen zugegangen. Mittlerweile gibt es ein großes Netzwerk. Der Verein führt Interviews mit Überlebenden des Holocaust und dokumentiert die Geschichten in einer Art Magazin sowie in Podcast-Folgen, mit denen die Kinder und Jugendlichen im nächsten Schritt weiterarbeiten. Daneben gibt ihnen Zweitzeugen auch Material an die Hand, um die Berichte wissenschaftlich und historisch einzuordnen. Symbolisch erhalten alle Zweitzeugen und -zeuginnen einen Ausweis, erzählt Walther: „Briefeschreiben an die Überlebenden und ihre Familien rundet die Auseinandersetzung mit der Biografie ab.“
Auch der Kontakt des Vereins zu den Überlebenden ist eng. Die Ehrenamtlichen tauschen sich mit ihnen aus und informieren sie regelmäßig über die Arbeit des Vereins. 37 Interviews sind so bislang zustande gekommen. Um die Bildungsarbeit perspektivisch auszubauen, sollen künftig auch Geschichten von anderen Gruppen aufgearbeitet werden, beispielsweise Sinti und Roma, betont der Verein.