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„Der Blick nach Afrika lohnt sich“

Christoph Kannengießer vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft über die Chancen unternehmerischen Engagements in Afrika.

08.06.2017

Herr Kannengießer, welche Chancen bietet Afrika deutschen Unternehmen?

Das Potenzial ist langfristig hoch, schon allein 
wegen der großen und relativ jungen Bevölkerung, aber auch aufgrund der reichen Bodenschätze und der Möglichkeiten, diese lokal weiterzuverarbeiten. In den Jahren 2015 und 2016 listete die Weltbank unter den zehn wachstumsstärksten Ländern auch jeweils fünf afrikanische Staaten. Dieses starke Wachstum erzeugt einen Bedarf, den deutsche Unternehmen ausgezeichnet decken können. Deutsche Expertise und Qualität können vor allem in den Bereichen Konzeption, Planung und Umsetzung von Infrastrukturprojekten zum Tragen kommen. Wichtig ist dabei, dass deutsche Unternehmen offen für die Zusammenarbeit in internationalen Kooperationen sind, etwa mit Unternehmen aus China oder Brasilien. Auch die Nachfrage nach klassischen Industrieprodukten steigt. Deutsche Unternehmen sind auch in Afrika anerkannt für ihre hohen Standards in Bezug auf Qualität, Bildung, Umweltschutz und soziale Nachhaltigkeit. Die Chancen für den deutschen Mittelstand sind ebenfalls sehr gut. Nun gilt es, sie zu ergreifen.

Wie schätzen deutsche Firmen das unternehmerische Risiko bei einem Afrika-Engagement ein?

Wie auch in anderen Erdteilen sind Firmen in einzelnen Ländern mit mangelnder politischer Stabilität und Planungsunsicherheit konfrontiert. Auch der Schutz des Privateigentums ist ein Thema. 
Viele Unternehmer kennen Afrika allerdings auch nicht gut genug, verbinden es mit Krieg, Krank­heiten, Korruption und fehlender Infrastruktur. 
All das gibt es, aber es gibt eben auch das Gegenteil und dazwischen viele Nuancen. Dennoch: Der Blick nach Afrika lohnt sich! Äthiopien, Côte d’Ivoire, Ghana, Kenia, Ruanda, Senegal, Mosambik und Tansania werden nach Schätzung des IWF bis 2020 ein durchschnittliches Wachstum von über sechs Prozent pro Jahr erreichen. Bei guter Vorbereitung und aktivem Management vor Ort sind die Probleme beherrschbar. Gerade der deutsche Mittelstand lässt sich nicht länger vom veralteten Image Afrikas als Risikokontinent abschrecken und erkennt die Entwicklungen und die damit ­verbundenen Chancen. Für den nächsten Schritt braucht es nun Maschinen und Anlagen, smarte Energietechnik und das Wissen, wie man Industrie aufbaut. Keine Nation kann all das besser liefern 
als Deutschland.

Wie sieht das Engagement der deutschen 
Wirtschaft in Afrika bisher aus?

In den vergangenen zehn Jahren haben sich die deutschen Investitionen in Afrika nahezu verdoppelt. Der deutsch-afrikanische Exporthandel hat sich seit 2012 bereits um 35 Prozent auf mehr als 40 Milliarden Euro erhöht. Derzeit investieren rund 800 deutsche Unternehmen jährlich zehn Milliarden Euro in Afrika, unter anderem in der Öl- und der Automobilindustrie. 200 000 Arbeitsplätze wurden geschaffen, der Jahresumsatz deutscher Firmen in Afrika liegt bei über 30 Milliarden Euro. Zu den größten Investoren gehört Deutschland mit Platz zehn allerdings nicht. Insgesamt könnte Technologie „made in Germany“ einen noch viel größeren Beitrag zum Wachstum in 
Afrika leisten.