Der lange Weg nach Westen
Einheit und Freiheit, seit dem 19. Jahrhundert zentrale Begriffe, bewegten die Deutschen auch während der Teilung nach dem Zweiten Weltkrieg. Erst mit der Wiedervereinigung 1990 wurde die „deutsche Frage“ gelöst.
184 Jahre ist sie alt geworden, die deutsche Frage. Sie entstand, als sich am 6. August 1806 der letzte Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, Franz II., einem Ultimatum Napoleons beugte, die Reichskrone niederlegte, die Reichsstände von ihren Pflichten entband und damit das „Alte Reich“ auflöste.
Gelöst wurde die deutsche Frage, als am 3. Oktober 1990 unter Zustimmung der ehemaligen vier Besatzungsmächte die Deutsche Demokratische Republik (DDR) der Bundesrepublik Deutschland beitrat. Die historische Bedeutung der Wiedervereinigung beschrieb beim Staatsakt in der Berliner Philharmonie Bundespräsident Richard von Weizsäcker mit einem Satz, der es verdient, in die Geschichtsbücher einzugehen: „Der Tag ist gekommen, an dem zum ersten Mal in der Geschichte das ganze Deutschland seinen dauerhaften Platz im Kreis der westlichen Demokratien findet.“
Eine deutsche Frage hat es zwischen 1806 und 1990 nicht ununterbrochen gegeben. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, während der Zeit des deutschen Kaiserreiches, zwischen 1871 und 1918, von einer offenen deutschen Frage zu sprechen. Unstrittig ist, dass die deutsche Frage spätestens am 8. und 9. Mai 1945 wieder aufgeworfen wurde, als das Deutsche Reich vor den Siegern des Zweiten Weltkriegs bedingungslos kapitulierte. Die Teilung Deutschlands in zwei Staaten war eine vorläufige Antwort auf die deutsche Frage. Die endgültige Antwort war der Zusammenschluss der beiden Staaten, verbunden mit der völkerrechtlichen Anerkennung der Grenzen von 1945. Seit dem 3. Oktober 1990 steht unverrückbar fest, wo Deutschland liegt, was dazu gehört und was nicht.