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30 deutsche Jahre: 1980 – 2010

Vom Fall der Mauer bis zu den Reformjahren der 2000er-Jahre.

16.05.2019
© picture alliance/Hubert Link

Die achtziger Jahre

Es ist das Jahrzehnt, in dem in der Bundesrepublik Deutschland eine neue politische Kraft in Erscheinung tritt: Die Grünen, hervorgegangen aus Friedensbewegung und Umweltschützern, gründen sich 1980. Schon drei Jahre später ziehen sie zum ersten Mal in den Bundestag ein – mit Strickpulli und Sonnenblumen. Ein Kulturschock für die etablierten Parteien. Bundeskanzler ist seit 1982 Helmut Kohl (CDU). Er wurde vom Bundestag zum Regierungschef gewählt, als die FDP die sozial-liberale Koalition unter Helmut Schmidt (SPD) verließ und stattdessen eine Koalition mit der CDU/CSU schloss.

Alle innenpolitischen Ereignisse des Jahrzehnts verblassen aber vor dem Herbst seines letzten Jahres: Am 9. November 1989 fällt die Mauer in Berlin. Was die Deutschen in Ost und West kaum noch für möglich gehalten hatten, geschieht: Unter dem Druck der eigenen Bevölkerung öffnet die DDR die Übergänge in den Wes­ten. Die Zeit der deutschen Teilung geht zu Ende. Vorausgegangen sind in der DDR die Wochen der friedlichen Revolution. Die Reformen des sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow und die Demokratisierungsbewegungen in Ungarn und Polen haben eine Atmosphäre geschaffen, in der auch viele Menschen in der DDR offen ihre Unzufriedenheit mit dem Staat bekunden: durch Flucht über Ungarn und die Tschechoslowakei – und mit den Montagsdemons­trationen. Sie beginnen im September 1989 vor der Nikolaikirche in Leipzig. Beides bringt die DDR-Strukturen so stark ins Wanken, dass Erich Honecker am 18. Oktober 1989 als SED-Generalsekretär und Staatsratsvorsitzender zurücktritt.

Am Abend des 9. November verkündet Politbüromitglied Günter Schabowski dann auf einer Pressekonferenz überraschend einschneidende Reiseerleichterungen für Privatreisende, die „sofort, unverzüglich“ in Kraft treten. Tausende DDR-Bürgerinnen und -Bürger eilen noch in der Nacht an die Grenze zum Westteil der Stadt, wo die DDR-Grenzsoldaten ohne eindeutigen Befehl zahlreiche Übergänge öffnen: Die Mauer ist gefallen. Im Dezember verhandeln Repräsentanten der DDR-Bürgerbewegungen über eine ­demokratische Umgestaltung der DDR. Gleichzeitig fordern auf Demonstrationen aber immer mehr Deutsche im Osten die deutsche Einheit.

Die neunziger Jahre

Am 18. März finden die ersten freien Volkskammerwahlen der DDR statt: Im Wahlkampf geht es vor allem um Art und Tempo der Einheit mit der Bundesrepublik. Das Wahlergebnis, ein Sieg der konservativen Allianz für Deutschland, ist ein deutliches Votum für die möglichst rasche Vereinigung und die Einführung der sozialen Marktwirtschaft. Mit der Schaffung einer Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion wird im Mai die Eingliederung der DDR in die Bundesrepublik praktisch vollzogen. Außenpolitisch führt der Weg zur deutschen Einheit über die Zustimmung der vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs: In den Zwei-plus-Vier-Gesprächen beraten die USA, die Sowjetunion, Frankreich und Großbritannien mit den beiden deutschen Staaten über die Modalitäten. Am 12. September 1990 wird der Zwei-plus-Vier-Vertrag in Moskau unterzeichnet: Das geeinte Deutschland erhält die volle Souveränität, die alliierten Hoheitsrechte enden am 3. Oktober 1990. Am gleichen Tag wird die Einheit Deutschlands mit dem Beitritt der DDR nach Paragraph 23 des Grundgesetzes vollzogen. Und im Dezember 1990 findet die erste gesamtdeutsche Bundestagswahl statt: Helmut Kohl (CDU) wird erster Bundeskanzler des wiedervereinten Deutschlands. Außenpolitisch setzt sich die Bundesrepublik intensiv für die Vertiefung der europäischen Gemeinschaft ein: 1995 gehört Deutschland zu den ersten Ländern des Schengen-Abkommens, die untereinander auf Grenzkontrollen verzichten.

Die neunziger Jahre sind von den wirtschaftlichen Folgen der Einheit und dem Aufbau Ost geprägt: Bund und Länder schließen einen Solidarpakt, um die Unterschiede aus 40 Jahren Trennung anzugleichen. Seit 1991 gibt es in Ost und West den „Solidaritätszuschlag“, eine zusätzliche Steuer, die dem Aufbau Ost zugutekommt. Berlin ist seit der Einheit die Hauptstadt Deutschlands und wird durch Bundestagsbeschluss auch Regierungssitz: 1999 ziehen Bundestag, Regierung und ein Großteil der Ministerien von Bonn nach Berlin um. Das neue Kanzleramt bezieht Gerhard Schröder (SPD): Er steht seit der Wahl 1998 an der Spitze der ersten rot-grünen Koalition auf Bundesebene.

Die 2000er-Jahre

Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends gibt es einige Anlässe, zu denen die Welt nach Deutschland blickt: Die erste Weltausstellung des Jahrhunderts findet in Hannover statt: Auf der Expo 2000 beherrschen zum ersten Mal die Themen Nachhaltigkeit und das Gleichgewicht zwischen Mensch, Natur und Technik die Präsentationen. Passend zu einem neuen Zeitalter mit neuen Koordinaten: Die Globalisierung rückt die Welt näher zusammen, ökonomisch und politisch – zum Ende des Jahrzehnts wird sie mit der weltweiten Finanzkrise auch ihre Kehrseite zeigen.

2006 versetzt die Fußball-Weltmeisterschaft das Land in fröhliche Partystimmung. Das „Sommermärchen“ verändert das Bild der Deutschen für viele im Ausland: Sie sind herzliche Gastgeber und können ausgelassen feiern. 2007 begeht die Europäische Union ihren 50. Geburtstag während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in Berlin. In der „Berliner Erklärung“ wird an die Errungenschaften der EU und an die gemeinsamen Werte und Wurzeln der Mitgliedsstaaten erinnert. Die Gemeinschaft hat sich 2004 und 2007 um zwölf auf 27 Mitglieder vergrößert. Neu hinzugekommen sind vor allem mitteleuropäische Länder. Im selben Jahr trifft sich auch die G8 in Deutschland: Von Heiligendamm gehen neue Anstöße zum globalen Klimaschutz, zur Afrika-Politik und zur Zusammenarbeit mit Schwellenländern aus.

In der Innenpolitik setzt Bundeskanzler Gerhard Schröder an der Spitze einer Koalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der „Agenda 2010“ auf Reformen des Sozialstaats und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Außenpolitisch zeigt Deutschland in den 2000er-Jahren vielfach seine Bereitschaft im Rahmen der Staatengemeinschaft umfassende internationale Verantwortung zu übernehmen, um zur Lösung von Konflikten beizutragen und die Zivilgesellschaft zu fördern. Im November 2005 wird in Deutschland zum ersten Mal eine Frau Regierungschefin: Bundeskanzlerin Angela Merkel regiert mit den Stimmen einer großen Koalition aus CDU/CSU und SPD.