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Botschafter Thomas Karl Neisinger in Kuba

In der deutschland.de-Serie „Auf Posten“ gewähren Botschafter und hochrangige deutsche Mitarbeiter in internationalen Organisationen Einblicke in ihre Arbeit. Teil 18: Thomas Karl Neisinger in Kuba.

16.02.2016
© Deutsche Botschaft Kuba - Botschafter Thomas Karl Neisinger

Welche Themen bestimmen derzeit die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Ihrem Gastland?

Wir spüren und freuen uns gemeinsam, dass die Periode der Sprachlosigkeit ein Ende hat. Dazu beigetragen haben der 2014 begonnene Verhandlungsprozess der EU mit Kuba und die Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen Kuba und den USA. Ausschlaggebend aber war der Besuch von Außenminister Steinmeier im Juli 2015, der mit der Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung die Grundlagen für ein neues bilaterales Verhältnis schuf. Im Vordergrund stehen jetzt drei Dinge: Die Aufnahme des regelmäßigen Dialogs über alle politischen Themen einschließlich der Menschenrechte im Februar; der rasche Abschluss eines Kulturabkommens, das unter anderem die Voraussetzungen schaffen soll für die baldige Entstehung eines Goethe-Instituts, und die Einrichtung eines Büros für Investitions- und Handelsförderung.

 

Was verbindet Ihr Gastland mit Deutschland auf besondere Weise und in welchen Feldern würden Sie die Beziehungen gern weiter vertiefen?

Besonders wirtschaftlich gab es schon früh enge Kontakte: Bayer ist seit 120 Jahren in Kuba tätig. Bis 1989 gab es einen regen wirtschaftlichen Austausch mit der DDR, an den heute Firmen aus den neuen Bundesländern wieder anknüpfen. Viele tausend Stipendiaten und Vertragsarbeiter aus DDR-Zeiten fühlen sich bis heute Deutschland verbunden und sind so bis heute „Deutschland-Botschafter“. Den Kontakt mit ihnen pflegen wir besonders. Die Erinnerung an die zwei längeren Aufenthalte von Alexander von Humboldt kurz nach 1800 ist in Kuba heute noch lebendig. Wir sollten und werden an das von ihm hinterlassene Erbe anknüpfen.

 

Außenminister Steinmeier und Wirtschaftsminister Gabriel haben Kuba kürzlich besucht. Kommt eine neue Dynamik in die bilateralen Beziehungen? Und wie äußert sie sich konkret?

Die neuen politischen Kontakte haben ein überwältigendes Interesse an Kuba bei uns in Deutschland ausgelöst: Besucher aus Politik, Wirtschaft, Kultur und allen anderen Bereichen der Gesellschaft informieren sich vor Ort über die erhofften Veränderungen. Die neue Qualität der Beziehungen ermöglicht einen offenen Dialog über alle, auch schwierige Themen, wie etwa die Lage der Menschenrechte.

 

Auf welche Basis baut die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Kuba auf? Wie viele deutsche Unternehmen sind im Land, wie sind die Handels- und Investitionszahlen, wie viele deutsche Touristen kommen jährlich?

2015 hat der Tourismus geboomt, mehr als 175.000 deutsche Touristen reisten nach Kuba, eine Steigerungsrate von 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Handels- und Investitionszahlen mit Kuba entsprechen dagegen nicht dem Potenzial der mit Abstand größten Karibikinsel mit über 11 Millionen Einwohnern: Insgesamt sind etwa 50 deutsche Unternehmen in Kuba aktiv, der bilaterale Handel belief sich 2014 auf 230 Millionen Euro. Wirtschaftsminister Gabriel hatte bei seinem

Besuch mehr als 60 Unternehmensvertreter „im Gepäck“, die Kuba als Handels- und Investitionsstandort kennenlernen konnten. Die kubanische Regierung ihrerseits weiß, dass sie weiter an den Rahmenbedingungen arbeiten muss, um Kuba als Standort für ausländische Investoren attraktiver zu machen.

 

Häufig unterscheiden sich Innensicht und Außensicht eines Landes. Was muss nach Ihren persönlichen Erfahrungen mal über Kuba gesagt werden?

Kuba polarisiert in der politischen Diskussion in Deutschland, und das nicht ohne Grund. Viele Kubaner aber gehen „im 58. Jahr der Revolution“ oft unverkrampft mit ihrer jüngeren Geschichte um, äußern im persönlichen Gespräch offen ihre Meinung, Sorgen und Wünsche. Deshalb finde ich es  auch gut und wichtig, dass immer mehr deutsche Besucher auf Rundreisen und bei der Unterbringung in Privatquartieren Land und Leute, Geschichte und Kultur Kubas kennenlernen.

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