Eng verbunden: Deutschland und Australien
Etwa 20 Stunden dauert der Flug von Australien nach Deutschland – dennoch sind die Länder eng verbunden. Ein Überblick über Gemeinsamkeiten und Unterschiede.
Berlin und Canberra liegen rund 16.000 Kilometer voneinander entfernt. Trotz dieser Distanz haben Australien und Deutschland ein enges und freundschaftliches Verhältnis auf politischer, wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und kultureller Ebene aufgebaut.
Ländervergleich
Auf den ersten Blick könnten die Länder nicht unterschiedlicher sein: Australien ist ein eigener Kontinent und mit einer Fläche von rund 7,69 Millionen Quadratkilometern die größte Insel der Erde. Das Land ist rund 21 Mal größer als Deutschland (357.600 km²), dennoch leben nur etwa ein Drittel so viele Menschen hier (26,2 Millionen versus 84,4 Millionen). In Australien sind große Teile im Inneren des Landes aufgrund ihrer Abgeschiedenheit, Trockenheit und hohen Temperaturen nicht besiedelt.
Offizielle Verbindungen
Trotz der Entfernung arbeiten Australien, Deutschland und die Europäische Union (EU) eng zusammen. Australien ist als indopazifische Regionalmacht von strategischer Bedeutung. Mit Deutschland verbindet das Land seit 2013 eine sogenannte „Strategische Partnerschaft“. Diese wurde 2021 weiter ausgebaut: in Wirtschaft und Wissenschaft, aber auch in sicherheitspolitischen Fragen und zwischen den Streitkräften tauschen sie die Länder regelmäßig aus.
Wichtige Handelspartner
Deutschland ist Australiens zweitwichtigster Handelspartner in Europa. Auch Australien ist trotz seiner geringen Bevölkerungszahl wirtschaftlich wichtig für Deutschland. Das Land ist nach China, Japan, Indien und Südkorea die fünftgrößte Volkswirtschaft im Raum Asien-Pazifik und damit ein wichtiger Abnehmer deutscher Exportprodukte. Aus Deutschland werden Autos, Maschinen, Haushaltsgeräte, hochwertige Lebensmittel, aber auch viele Medikamente eingeführt. Australien wiederum versorgt Deutschland vor allem mit Rohstoffen, darunter Edelmetalle wie Gold, aber auch Agrarprodukte. Künftig wird Australien als Lieferant für Batterierohstoffe wie Lithium und Nickel sowie für seltene Erden eine auch strategisch wichtige Rolle für Deutschland spielen.
Enge Zusammenarbeit im Energiesektor
Auch beim Thema Energie wollen die beiden Länder die Kooperation weiter ausbauen. Seit 2017 besteht eine Deutsch-Australische Energiepartnerschaft. Vor allem das Thema Grüner Wasserstoff, also Wasserstoff, der mit Hilfe erneuerbarer Energien produziert wird, ist von großem Interesse. Seit Ende 2020 hat ein deutsch-australisches Wasserstoffprojekt untersucht, ob es Sinn ergibt, diesen Wasserstoff von Australien bis nach Deutschland zu transportieren. Erste Ergebnisse der Studie HySupply zeigten, dass der Import in großen Mengen technisch möglich ist und wirtschaftlich sinnvoll wäre.
Freihandelsabkommen
Beim Thema Wirtschaftsaustausch könnten die kommenden Jahre noch mehr Fortschritte bringen. Australien verhandelt seit 2018 mit der EU an einem Freihandelsabkommen, das den Austausch der Märkte erleichtern soll. Ganz einfach gestalten sich die Verhandlungen allerdings nicht: Die EU hadert vor allem mit dem Recht australischer Hersteller, innerhalb der EU geschützte Namen wie Prosecco, Mozzarella, Feta und Parmesan zu verwenden. Australien argumentiert dagegen, dass europäische Auswanderer ihre Kultur mitgebracht haben und es daher erlaubt sein sollte, die Namen weiter zu verwenden.
Wissenschaftskooperation
Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit im Hochschulbereich, wo die Länder mehr als 600 Kooperationen verbinden. Die Kooperation zwischen Deutschland und Australien reicht bereits fast ein halbes Jahrhundert zurück. Sie beruht auf einem Regierungsabkommen aus dem Jahr 1976. Seit 2018 existiert auch das Deutsch-Australische Forschungsnetzwerk (Australia-Germany Research Network, AGRN). Im Rahmen dieses Netzwerks werden über die Karriereplattform LinkedIn neue Kooperationspartner aus Forschung und Industrie vermittelt.
Einwanderungsgeschichte
Deutsche Siedler waren unter den ersten freien Europäern, die nach Australien kamen. Heute haben nach wie vor fast eine Million australische Bürgerinnen und Bürger deutsche Wurzeln. Vor allem in Südaustralien haben die Siedler geholfen, das Land zu erschließen. Auch der kommerzielle Weinanbau geht auf sechs Winzer aus Hessen zurück. Ein berühmter Deutscher in Australien ist Ludwig Leichhardt. Der Forscher und Abenteurer erkundete Nord- und Zentralaustralien und führte zwei wichtige Expeditionen. Legendär ist er aber nicht zuletzt, da er bei seiner dritten Expedition spurlos verschwand – zusammen mit sieben anderen Männern, 20 Maultieren, 50 Ochsen, sieben Pferden und einer Menge Ausrüstung.
Die Indo-Pazifik-Initiative
Beiden Staaten sind Sicherheit, Stabilität und offene Handelsrouten im Indopazifik sehr wichtig. Mit der Veröffentlichung der Leitlinien zum Indo-Pazifik im September 2020 hat die Bundesregierung ein Zeichen gesetzt und seitdem ihr Engagement in der Region erhöht. Die deutsche Bundeswehr hat an militärischen Übungen in Australien teilgenommen und Staatsbesuche in der Region haben der deutschen Position Nachdruck verliehen. Beide Länder haben sich zum Ziel gesetzt, einem möglichen Konflikt in der Region entgegenzuwirken und sich für Frieden einzusetzen.
Sportlicher Austausch
Australien und Deutschland teilen eine Liebe zum Sport. Nachdem Sydney die Olympischen Spiele im Jahr 2000 ausgerichtet hat, wird Brisbane sie im Jahr 2032 als Gastgeber betreuen. Im Juli und August 2023 sind Australien und Neuseeland Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen. Zum ersten Mal wird die Weltmeisterschaft damit in der südlichen Hemisphäre stattfinden und zum ersten Mal wird sie von zwei Gastgeberländern ausgetragen. In beiden Ländern hoffen die Fußballvertreter, dass das Turnier den Fokus der Australierinnen und Australiern von Rugby, Cricket und Australian Rules Football (AFL) ein wenig mehr in Richtung Fußball verschieben kann.
Mythen und Klischées
Während viele Australierinnen und Australier glauben, dass Menschen in Deutschland eher wenig Humor besitzen, glauben viele Deutsche, dass Australien ein Land voller gefährlicher und giftiger Tiere ist. Dabei hat Deutschland ausgesprochen talentierte Komikerinnen und Komiker und Australien ist weitaus weniger gefährlich, als viele denken. Die meisten Tiere haben mehr Angst vor Touristen als andersherum und mit einigen Sicherheitsmaßnahmen können sich Besucher leicht vor Giftschlangen und -spinnen, Haien, Quallen, Krokodilen und Dingos schützen. Stattdessen wartet der fünfte Kontinent mit vielen Tieren auf, die man wirklich nur in Australien in freier Wildbahn erleben kann – darunter Kängurus, Koalas, Wombats, Schnabeltiere oder Quokkas. Die haben allerdings ein „gefährlich“ süßes Lächeln.