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Entwicklungsminister Müller will EU-Afrika-Beziehung neu gestalten

Es soll ein kompletter Neustart werden: Bundesentwicklungsminister Müller will einen Jahrhundert-Vertrag zwischen der EU und Afrika schließen. Sein Ziel: Die EU soll Afrika nicht länger nur als Absatzmarkt nutzen.

13.01.2020
Entwicklungsminister Gerd Müller
Entwicklungsminister Gerd Müller © dpa

Ein entsprechendes EU-Afrika-Paket möchte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) noch während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, die im Juli beginnt, schließen. Müller stellt daran große Erwartungen und nannte sein Vorhaben im Interview mit dem "Handelsblatt" einen "Jahrhundert-Vertrag". Dass das Cotonou-Abkommen, das bisher den Handel mit Afrika regelt, im Mai ohnehin ausläuft, sieht der Minister als Chance.

"Wenn wir es nicht schaffen, endlich die richtigen Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung in Afrika zu setzen, werden wir in Europa noch viel stärker mit Konflikten und Fluchtbewegungen konfrontiert sein. Deshalb müssen wir unsere Anstrengungen erheblich ausweiten", fügte der Minister hinzu. Die vergangenen zehn Jahre seien mit Blick auf die Handelsbeziehungen "wirklich nicht befriedigend", sagte er weiter. In dem Pakt möchte er vier Themen aufgreifen: Maßnahmen gegen Hunger und Armut, eine Ausweitung des geplanten EU-Green-Deals auf Afrika, ein Abkommen über Sicherheit und Migration sowie einen Neuansatz für faire Handelsbeziehungen.

Wertschöpfung vor Ort

"Die EU darf Afrika nicht länger nur als Absatzmarkt für subventionierte billige Agrarprodukte behandeln", sagte Müller. "Wir müssen vielmehr verstärkt in Wertschöpfung vor Ort und eine produktive Land- und Ernährungswirtschaft investieren." Für viele afrikanische Produkte gebe es in der EU hohe Hürden; den afrikanischen Unternehmen müsse etwa geholfen werden, Sicherheitsstandards bei Agrarprodukten einzuhalten.

Die Freihandelszone der Afrikanischen Union für über eine Milliarde Menschen sieht der Entwicklungsminister als großen Gewinn für die Region. Für den Pakt setzt Müller auf die neue EU-Kommission. Ursula von der Leyen habe mit ihrer ersten Auslandsreise nach Äthiopien als Kommissionspräsidentin ein wichtiges Signal für mehr europäisches Engagement auf dem Kontinent gesetzt. Es könne nicht im Interesse Europas sein, "den Nachbarkontinent komplett chinesischen Investoren zu überlassen", so Müller. Dieser setzt seit einigen Jahren auf die Förderung von Investitionen und die Entwicklung eines unternehmerischen Mittelstands. Für deutsche Investoren plant er beispielsweise ein Marketingprogramm für den Mittelstand „Erneuerbare Energien" in Afrika. Mit der Ausdehnung des EU-Green-Deals auf Afrika erhofft er sich eine Klima- und Energiepartnerschaft mit dem Kontinent, auf dem derzeit 450 Kohlekraftwerke geplant und gebaut werden.

Im Jahr 2020 steht für Müller erst einmal die Sahel-Zone im Fokus. Für die von Krisen erschütterte Region sollen Mittel verdoppelt und durch unterschiedliche Projekte Frauen gestärkt werden. "Wir sehen in verschiedenen Ländern, dass der Kampf gegen Armut nur gelingen kann, wenn Frauen Zugang zu Bildung und Gesundheitsdiensten haben und selbst über Verhütung bestimmen können."