„Ein Signal starker Demokratien“
Bundeskanzler Olaf Scholz sagt im Interview, warum die G7 so wichtig sind und was Deutschland vom Gipfel in Elmau erwartet.
Herr Bundeskanzler, welche Bedeutung hat die Gruppe der Sieben für Deutschland?
Die G7 ist der Zusammenschluss von sieben wirtschaftsstarken Demokratien, die sich als Wertegemeinschaft verstehen und sich zu Freiheit und Menschenrechten, Demokratie und Rechtstaatlichkeit sowie internationalem Recht bekennen. Gemeinsam setzen sie sich für Wohlstand, Klimaschutz und eine nachhaltige Entwicklung weltweit ein. Als wertegebundenen Partnern und führenden Industriestaaten obliegt den G7-Mitgliedern aus Sicht der Bundesregierung eine besondere Verantwortung: die Verantwortung für die Gestaltung einer lebenswerten Zukunft aller Menschen auf einer gesunden Erde im Sinne der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und des Übereinkommens von Paris. Das G7-Format bietet den geeigneten informellen Rahmen, um globale Herausforderungen in gemeinsamer Verantwortung zu adressieren.
Welche Ziele verfolgt die Bundesregierung für ihre G7-Präsidentschaft?
Das Motto der G7-Präsidentschaft lautet „Fortschritt für eine gerechte Welt“. Mit diesem Ziel haben wir zu Jahresbeginn den Vorsitz in der G7 übernommen. Keine zwei Monate später, am 24. Februar 2022, begann Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Dieser Krieg stellt eine Zeitenwende dar. Und er markiert auch eine Wende in den Prioritäten unserer G7-Präsidentschaft. Die einhellige Unterstützung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland ist ein wichtiges Anliegen – finanziell, humanitär und auch militärisch. Das wichtige Engagement für die Ukraine wird aber nicht dazu führen, dass die G7 ihre Verantwortung für andere globale Herausforderungen vernachlässigt. Im Gegenteil. Viele der Ziele, die wir uns zu Jahresbeginn vorgenommen haben, werden angesichts der veränderten Weltlage sogar noch dringender. Die anhaltende COVID-19-Pandemie, der menschengemachte Klimawandel sowie die wirtschaftliche Transformation erfordern gemeinsame Antworten und starke Impulse.
Dabei gilt: Wer Wandel voranbringen will, sollte mit denen zusammenarbeiten, die für Wandel stehen und bereit sind, ihre Geschlossenheit für die Lösung globaler Probleme zu nutzen – mit konkreten Initiativen und Partnerschaften für Klima, nachhaltige Investitionen, weltweite Ernährungssicherung, globale Gesundheit und widerstandsfähige Demokratien. Dazu gehört auch, sich zur Lage der Weltwirtschaft abzustimmen, das Thema resiliente Lieferketten zu adressieren, die Geschlechtergerechtigkeit zu verbessern, Desinformationen zu bekämpfen und im Bereich der Digitalisierung verstärkt zusammenzuarbeiten.
Welche Hoffnungen setzen Sie in den Gipfel in Elmau?
Von Elmau soll ein gemeinsames Signal starker Demokratien ausgehen, die sich ihrer globalen Verantwortung bewusst sind – ein Signal, das gerade in diesen bewegten Zeiten wichtiger ist denn je. Der Gipfel soll die Geschlossenheit und Entschlossenheit der G7 unterstreichen und zeigen, dass die G7 ihre Werte lebt und sie mit engen und starken Partnern teilt. Neben den Staats- und Regierungschefs der G7 habe ich die Staats- und Regierungschefs aus Indonesien, Indien, Südafrika, Senegal und Argentinien als Partner nach Elmau eingeladen. Das sind Demokratien in Asien, in Afrika und im Süden Amerikas, mit denen wir eng verbunden sind. Darüber hinaus wollen wir eine starke Antwort auf die russische Aggression geben – sowohl mit Blick auf Sanktionen gegen Russland als auch auf die Unterstützung der Ukraine. Es wird über kurz- und mittelfristige Finanzzusagen sowie über die globalen Auswirkungen des Kriegs gesprochen werden. Von diesem G7-Gipfel soll dabei aber nicht nur ein politisches Signal der Unterstützung für die Ukraine ausgehen. Unser Anspruch ist es, unser Engagement auch mit weiterer konkreter Hilfeleistung zu untermauern.
Ein weiterer Schwerpunkt des G7-Gipfels wird daher unser Einsatz gegen die drohende globale Hungerkrise sein. Hierzu haben wir als G7-Präsidentschaft zusammen mit der Weltbank das „Bündnis für globale Ernährungssicherheit“ ins Leben gerufen. Und in der Klima- und Energiepolitik nutzen wir unseren Vorsitz, um die G7 in ihrer Rolle als Vorreiter für klimaneutrales Wirtschaften weiter zu stärken. Es ist mir daher ein großes Anliegen, beim G7-Gipfel wichtige Fortschritte hin zur Gründung eines offenen, kooperativen Klima-Clubs zu erreichen.
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