„Das Interesse ist sehr groß“
Mit der Lockerung der Sanktionen gegen Iran bieten sich neue Möglichkeiten für eine bilaterale Zusammenarbeit. Der Frankfurter Unternehmer Nader Maleki über Herausforderungen und Chancen für Wirtschaft, Banken und Tourismus.
Seit 30 Jahren veranstaltet der Frankfurter Kongressveranstalter Dr. Nader Maleki hochrangig besetzte Kongresse und Veranstaltungen für die Finanzbranche. Im März 2016 initiierte er die erste internationale Bankenkonferenz in Teheran nach der Lockerung der Sanktionen gegen das Land. Sie findet seither zweimal im Jahr abwechselnd in Teheran und Frankfurt am Main statt. Im Interview spricht Maleki, der für seine Verdienste um den Finanzplatz Frankfurt das Bundesverdienstkreuz am Bande erhielt, über Geschäfte mit seinem Heimatland Iran, über Chancen und Investitionen und das Abenteuer, mit einem Koffer voll Geld nach Iran zu reisen.
Herr Maleki, Sie haben schon in den 1970er-Jahren Rockkonzerte im Deutschen Club in Teheran veranstaltet. Seit der Lockerung der Sanktionen gegen Iran bringen Sie deutsche und iranische Unternehmer auf Konferenzen und Delegationsreisen zusammen. Was hat sich verändert?
Ich habe Iran vor 50 Jahren verlassen, um im Ausland zu studieren. Nie hätte ich gedacht, dass ich später einmal dort eine Konferenz eröffnen würde, auf der die halbe iranische Regierung vertreten sein würde. Als ich im Jahr 2015 in Iran als erster Veranstalter aus dem Ausland eine Konferenz mit deutschen Wirtschaftsvertretern abhielt, wurde ich drei Tage lang gefeiert wie ein Star. Ich wurde im Fernsehen interviewt und auf Titelseiten abgebildet. Das Interesse an der deutschen Wirtschaft ist riesig.
Die iranische Wirtschaft war durch die internationalen Sanktionen lange von der westlichen Welt abgeschnitten. Was braucht Iran jetzt am meisten?
Alles. Im Maschinenbau gibt es großen Nachholbedarf, die iranische Flugzeugflotte gilt als total veraltet, für den Autobau ist es ein riesiger Markt. Die Iraner wollen allerdings nicht einfach nur Produkte importieren – sie sind an Investitionen direkt im Land interessiert, also eher an einer Autofabrik. Allerdings waren die Franzosen da etwas schneller als die Deutschen. Aber das Interesse an deutschen Produkten ist sehr groß.
Das klingt nach einem Eldorado für die deutsche Wirtschaft.
Leider halten sich die deutschen Banken mit Krediten für Geschäfte in Iran noch sehr zurück. Einige mussten in der Vergangenheit hohe Strafen in den Vereinigten Staaten zahlen, weil sie gegen Sanktionen verstoßen haben sollen. Das schreckt viele Banken bis heute ab. Zudem kann man bislang noch nicht ohne Weiteres große Summen nach Iran überweisen, da der Anschluss an das internationale Zahlungsverkehrssystem fehlt. Das bedeutet: Wer in Iran investieren will, muss sein Geld selbst im Koffer mitnehmen. Auch ich bin schon öfter so gereist. In dem V.I.P.-Raum, in dem die Summe offiziell angemeldet werden muss, öffneten einmal drei andere Passagiere ihre großen Stoffkoffer am Schalter und sagten: Hier drin sind 14 Millionen. Später habe ich sie mit den Koffern auf der Straße wiedergesehen. Die Vorschriften ändern sich allerdings im Moment schnell.
Ist es umständlich, in Iran Geschäfte zu machen?
Hin zu kommen ist auf jeden Fall sehr einfach. Die Lufthansa fliegt jeden Tag nach Teheran. Man kann freitagabends um 17 Uhr hinfliegen und ist montagmorgens um 6 Uhr zurück in Frankfurt. In Iran wird am Samstag und Sonntag gearbeitet – man kann in dieser Zeit also viel erledigen. Und wenn man nur mit Handgepäck verreist, braucht man fünf Minuten vom Flieger zum Taxi. Ich habe die Zeit mal gestoppt.
Und dann? Angenommen, ein deutscher Geschäftsmann trifft einen iranischen. Wo sind da die Fettnäpfchen?
Die Iraner sind sehr gastfreundlich. Man ist sehr schnell beim „Du“ – sobald man sich ein bisschen kennt. Dann begrüßen sich die Männer mit Kuss, links, rechts, links. Das ist für Westler oft etwas ungewöhnlich. Frauen werden zur Begrüßung nicht berührt, denen nickt man zu.
Welche Chancen bietet Iran?
Die Iraner sind ein sehr junges Volk, das Durchschnittsalter liegt bei unter 27 Jahren. Die meisten sind sehr gut ausgebildet. Ich bin als Junge auf eine deutsche Schule gegangen, mein Bruder auf eine iranische. In der iranischen wurde viel mehr Wert auf Mathematik gelegt. Das ist heute noch so. Viele sprechen auch sehr gut Englisch. Tourismus könnte für Iran mit seiner großen Geschichte und seiner wunderschönen Natur ein riesiges Thema sein – denken Sie beispielsweise an Isfahan! Aber es gibt Studien, dass das Land bis zu 500 neue Hotels bräuchte, um den Tourismus in Gang zu bringen. Chinesen haben schon viele alte Hotels gekauft und geliftet; einige sind wunderschön geworden.
Interview: Tim Kanning
Deutsch-Iraner mit Gründergeist
Kulturprogramm „Die iranische Moderne“
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