„Hoher Wert der Pressefreiheit“
Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel ist in der Türkei in Untersuchungshaft. Politik und Bürger in Deutschland engagieren sich für seine Freilassung.

Politik, Medien und viele Bürgerinnen und Bürger in Deutschland treten engagiert für die Freilassung des in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel ein. Der Korrespondent der deutschen Tageszeitung „Die Welt“ wurde am 17. Februar in Istanbul zunächst in Polizeigewahrsam und 13 Tage später in Untersuchungshaft genommen. Diese wird so lange dauern, bis die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift vorlegt – es gibt jedoch keine Frist, innerhalb der dies zu geschehen hätte. Vorgeworfen wird dem 43-Jährigen nach Angaben der türkischen staatlichen Medien „Propaganda für eine terroristische Vereinigung“ und Aufwiegelung der Bevölkerung. Yücel hatte in der „Welt“ kritisch über die türkische Regierung berichtet. Nach Angaben seines Anwalts drohen dem Journalisten bis zu zehneinhalb Jahre Haft. Yücel, der sich freiwillig der Justiz gestellt hatte, ist als Sohn türkischer Migranten in Deutschland geboren und besitzt die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft.
Belastungsprobe für die Beziehungen
Die Bundesregierung setzt alle diplomatischen Hebel für die Freilassung Yücels in Bewegung – aus der Überzeugung heraus, dass seine Äußerungen als Journalist von der verfassungsrechtlich geschützten Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt sind. Bundeskanzlerin Angela Merkel fand klare Worte: „Diese Maßnahme ist unverhältnismäßig hart, zumal Deniz Yücel sich der türkischen Justiz freiwillig gestellt und für die Ermittlungen zur Verfügung gestellt hat. Die Bundesregierung erwartet, dass die türkische Justiz in ihrer Behandlung des Falles Yücel den hohen Wert der Pressefreiheit für jede demokratische Gesellschaft berücksichtigt.“ Merkel betonte, dass die Bundesregierung sich für eine faire und rechtsstaatliche Behandlung Deniz Yücels einsetzen werde.
„Wir setzen uns mit großem Nachdruck dafür ein, dass Deniz Yücel so schnell wie möglich freikommt“, hatte auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel gesagt, nachdem der türkische Botschafter Kemal Aydin . von Staatssekretär Walter Lindner zu einem Gespräch ins Auswärtige Amt geladen worden war. Gabriel betonte entschieden: „Bei allen Maßnahmen des Staates muss das hohe Gut der Presse- und Meinungsfreiheit Berücksichtigung finden, und besonders gilt das für die Strafjustiz. Sie darf in keinem Land, das für sich in Anspruch nimmt, demokratisch zu sein und den Menschenrechten Folge zu leisten, im Einsatz gegen Journalistinnen und Journalisten, missbraucht werden.“ Der deutsche Außenminister sieht das deutsch-türkische Verhältnis durch den Fall vor „einer seiner größten Belastungsproben“.
Autokorsos und Mahnwachen
In den deutschen Medien, in Talkshows, in privaten Kreisen und in den Sozialen Medien wird vielfach über den Fall Yücel diskutiert. Auf der Plattform change.org hat die Initiative #FreeDeniz eine Unterschriftenaktion gestartet „für die Freiheit von Information, Meinung, Wort und Kunst“, die Tausende unterstützen – sie setzen sich nicht nur für Deniz Yücel, sondern für alle zur Zeit in der Türkei inhaftierten Journalistinnen und Journalisten ein. Nach Recherchen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sind in der Türkei derzeit mehr als 160 Journalisten inhaftiert – mehr als in jedem anderen Land. „Reporter ohne Grenzen“ meldet, dass die Türkei nach dem Putschversuch im Juli 2016 zudem rund 150 Medien geschlossen und mehr als 700 Presseausweise annulliert habe.
Am 28. Februar fand in einem Dutzend deutscher Städte lautstarker Protest mit hupenden Autokorsos statt. Die Demonstranten forderten die Freilassung Yücels und aller in der Türkei inhaftierten Journalisten. Yücels Heimatstadt Flörsheim hatte mit dieser Form des Protests am Wochenende zuvor begonnen. Der 20.000-Einwohner-Ort in der Nähe von Frankfurt plant unterdessen am 14. März eine Mahnwache an der Stadthalle. Sollte die Haft noch länger dauern, sollen die Mahnwachen einmal im Monat fortgesetzt werden. Anfang März hatte Yücel sich mit einer handgeschrieben Notiz aus der Haft gemeldet. Darin schrieb er unter anderem: „Ich danke allen Freunden, Verwandten, Kollegen, und allen, die sich für mich einsetzen. Glaubt mir: Es tut gut, verdammt gut.“
Außenminister Gabriel zum Fall Yücel
Die Initiative #FreeDeniz
© www.deutschland.de