Martin Schulz im Youtube-Check
Der Kanzlerkandidat sprach im Interview mit Youtubern über Internetausbau und Bildung, gab aber auch sehr persönliche Einblicke.
Deutschland. (dpa) Nach dem großen TV-Duell zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem Herausforderer Martin Schulz (SPD) waren viele junge Zuschauer genervt, dass keine Sekunde über Bildung und kaum über das schnelle Internet geredet wurde. Solche Themen griffen vier Youtube-Stars auf, die Schulz am 5. September interviewten.
Schulz stellte sich den Fragen von Nihan, die einen Beauty-Channel betreibt, der Psychologiestudentin Lisa Sophie, die auf Youtube unter dem Namen „ItsColeslaw“ über Alltagsthemen plaudert, „MarcelScorpion“, der ein Millionenpublikum mit Clips über Spiele, Lifestyle und Entertainment erreicht, sowie Mirko Drotschmann alias „MrWissen2Go“.
Kanzlerkandidat im Alltags-Check
Nicht nur die Youtuber sind auf eine schnelle Internetverbindung angewiesen und beklagten, dass das Netz in manchen Regionen noch zu langsam sei. Schulz bekräftigte: „Breitbandausbau ist die Infrastruktur der Zukunft. Sie muss massiv ausgebaut werden, um wettbewerbsfähig zu sein.“
Denkt Schulz über manche Hasskommentaren nach, wenn er abends ins Bett geht, fragt Interviewer „MarcelScorpion“ alias Marcel Althaus. Schulz gibt das unumwunden zu. „Das verletzt einen natürlich, ganz klar.“
Mirko Drotschmann alias „MrWissen2Go“ will wissen, ob der Berufspolitiker den Alltags-Check besteht. Was kostet der Liter Milch bei Aldi? Schulz liegt mit 70 Cent ganz gut, ebenso kennt er die Butterpreise. Auch die miesen Umfragewerte der SPD sind Thema. Hat er mit der Mission Kanzleramt abgeschlossen? „Ich habe das nicht abgeschrieben. Ich kämpfe bis zum letzten Meter.“
Auch von seiner weithin bekannten, lange überwundenen Alkoholsucht erzählt er. Wie sein Traum platzte, Fußballprofi zu werden, er von der Schule flog, zur Flasche griff, davon loskam, dann Buchhändler wurde. Sein Rat an die junge Generation: „Schmeißt euer Leben nicht weg!“
„Hat Spaß gemacht“
Vielen der bis zu 15.000 Zuschauer, die das Gespräch bei Youtube verfolgen und bei Twitter kommentieren, gefällt, wie offen der 61-Jährige sich präsentiert. Im großen TV-Duell konnte Schulz zwar bei unentschlossenen Wählern punkten, insgesamt verlor er aber den Umfragen zufolge gegen Merkel. Der Ausflug in die Netzwelt hat ihm besser gefallen. „Hat Spaß gemacht“, twittert er zu einem Selfie mit den vier Youtubern.
Bundeskanzlerin Angela Merkel war drei Wochen davor eine Stunde live von vier Youtube-Stars interviewt worden. Das Video wurde über 1,7 Millionen Mal aufgerufen und fast 50.000 Mal kommentiert.