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Wie Städte sich weltweit unterstützen können

Außenpolitik auf Ebene von Gemeinden und Städten – kann das funktionieren? Dazu tauschte sich eine internationale Expertengruppe in Deutschland aus.

Klaus LüberKlaus Lüber, 16.07.2024
Teilnehmende der Besucherreise in Berlin
Teilnehmende der Besucherreise in Berlin © Goethe-Institut

Buumba Malambo ist begeistert: „Fast alle Maßnahmen, die ich hier gerade auf der Präsentationsfolie sehe, setzen auch wir um.“ Zusammen mit 14 anderen Vertreterinnen und Vertretern von Städten und Regionen aus der ganzen Welt sitzt sie an einem sonnigen Tag Ende Juni in den Räumen des Goethe-Instituts in Berlin-Mitte und verfolgt gespannt den Vortrag der Mitarbeitenden der deutschen kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Landkreistag und Städte- und Gemeindebund). Es geht darum, was deutsche Städte und Gemeinden unternehmen, um den Herausforderungen urbaner Räume zu begegnen. Wie kommt man an finanzielle Mittel? Wie setzt man sie am sinnvollsten ein? Welche Projekte priorisiert man gegenüber anderen?

Es sind Fragen, die sich auch die 27-jährige Malambo jeden Tag stellen muss. Als Bürgermeisterin von Kafue, einer Stadt in Sambia, 40 Kilometer südlich der Hauptstadt Lusaka, hat sie in den vergangenen Jahren hart daran gearbeitet, die Lebensbedingungen ihrer Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Und das heißt für sie, nicht anders als für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Deutschland: Gelder für die Stadtentwicklung einsammeln. Und Maßnahmen strategisch umsetzen. „Es ist wirklich erstaunlich zu sehen, wie ähnlich Städte in Deutschland und Sambia hierbei agieren. Und wie viel wir deshalb auch konkret voneinander lernen können“, berichtet sie.

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Vorreiter Deutschland

Dass Städte auf der ganzen Welt mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, ist Kern eines außenpolitischen Ansatzes, der in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat: Urban Diplomacy. Gemeint sind Handlungsoptionen auf subnationaler Ebene, die Städte und Gemeinden zur Verfügung stehen, um direkt mit anderen Ländern oder Partnerstädten und -gemeinden in Kontakt zu treten und sich auf wirtschaftlicher und politischer Ebene gegenseitig zu unterstützen. 

Angereist sind die Expertinnen und Experten aus zwölf Ländern im Rahmen des Besucherprogramms der Bundesrepublik Deutschland. Eine Woche lang hat die Gruppe die Gelegenheit, das deutsche Engagement in diesem Bereich kennenzulernen und sich untereinander zu vernetzen. Neben einem Treffen mit Mitarbeitenden des Deutschen Städtetags stehen unter anderem auf dem Programm: ein Besuch im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie im Auswärtigen Amt und eine Kurzreise in das durch urbanen Strukturwandel geprägte Ruhrgebiet im Westen Deutschlands.

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Kommunikationskanäle offenhalten

Deutschland gilt als Vorreiter in der urbanen Diplomatie. Die Stärkung von Städtediplomatie als Ergänzung der außenpolitischen Beziehungen wird im aktuellen Koalitionsvertrag der deutschen Bundesregierung ausdrücklich genannt. „Wir stärken die Beziehungen zwischen den Städten und bauen Urban Diplomacy aus“, heißt es dort. Dafür fördert das Auswärtige Amt zum Beispiel im Rahmen des 2021 gestarteten Projekts Urban Diplomacy Partnerstädte in den USA und dem Vereinigten Königreich bei einer nachhaltigen Entwicklung. Umgesetzt wird es von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) und Engagement Global in Kooperation mit dem Deutschen Städtetag.

Martha Ellen Henry, International Relations Manager der Stadt San Antonio im US-Bundesstaat Texas, lobt diesen Impuls als wichtigen Schritt zur Professionalisierung des substaatlichen Engagements. Gleichzeitig möchte sie gerne wissen, wie sich Urban Diplomacy im konkreten außenpolitischen Handeln Deutschlands niederschlägt. Die Antwort gibt Marcell Moll, Mitarbeiter beim Deutschen Städtetag und dem Rat der Gemeinden und Regionen Europas. „Urban Diplomacy ist ein Mittel, Kommunikationskanäle offenzuhalten, auch wenn Beziehungen auf klassisch-diplomatischen Weg schwierig sind.“

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Deutsche Städte würden hier große Freiheiten genießen, so Moll, und könnten sich selbst für Kooperationen entscheiden, auch wenn diese sich nicht unmittelbar mit der Haltung der Bundesregierung decken: „Es gibt kein Mandat der Regierung, die Städte entscheiden hier selbst.“ Für viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist das durchaus erstaunlich. „Obwohl es keine gesetzlichen Vorgaben gibt, sind unsere Entscheidungen de facto sehr stark an die Regierungsebene gekoppelt“, erzählt Dr. Rayane Oliveira de Aguiar Athias, Executive Secretary für Internationale Beziehungen der brasilianischen Stadt Recife. „Andernfalls müssen wir befürchten, dass uns Finanzmittel gekürzt werden.“

Voneinander lernen auf Augenhöhe

Doch Urban Diplomacy leistet noch mehr. Sie ermöglicht es Städten, voneinander zu lernen. Und zwar auf Augenhöhe. „Bislang waren deutsche Städtepartnerschaften mit dem Globalen Süden geprägt von dem Impuls, aus einer Position der Stärke heraus zu helfen“, so Marcell Moll. „Inzwischen stellt sich immer mehr heraus, dass auch deutsche Städte viel von ihren Partnern aus südlicheren Regionen der Welt lernen können.“ Der Grund ist unter anderem der Klimawandel: Die Klimabedingungen für Regionen in Deutschland verschieben sich. Das bedeutet, dass deutsche Städte sich bereits jetzt mit Anpassungsmaßnahmen vertraut machen können, die südlicher gelegene urbane Zentren schon heute umsetzen müssen. Tatsächlich gibt es bereits Initiativen, die diesem Umstand Rechnung tragen. Ein Beispiel sind die sogenannten Klimazwillinge Düsseldorf/Toulouse und Toulouse/Tunis, die aus diesen Gründen im Austausch miteinander stehen. Klimaprojektionen besagen, dass sich bis Ende des Jahrhunderts die zukünftigen Temperaturen in Düsseldorf denen im heutigen Toulouse und die zukünftigen Temperaturen in Toulouse denen im heutigen Tunis angenähert haben werden.