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Der Kreislauf von Fisch und Pflanze

Fische und Pflanzen, die gemeinsam Wasser sparen? Was verwirrend klingt, steht bei einem Projekt in Jordanien auf der Tagesordnung.

Kim Berg, 26.08.2019
Aquaponik in Jordanien: Der Kreislauf von Fischen und Pflanzen
© privat

Die jordanische Hauptstadt Amman hat nicht viel Platz, zumindest nicht auf ihren Straßen. Auf den Flachdächern der Stadt sieht das allerdings ganz anders aus: Hier erstrecken sich Kilometer ungenutzter Fläche, oft vollgestellt mit allerlei Gerümpel. Das möchte Bashar Humeid mit seiner kleinen NGO „Meezan“ ändern. Er hat die Idee, Gemüse auf den Dächern der Stadt anzubauen. Abgeschaut hat Humeid sich das Projekt bei Bekannten aus Zürich. „Meine Freunde haben Gewächshäuser auf den städtischen Dächern errichteten. Das fand ich eine spannende Idee, um Urban Gardening auch in stark bebauten Gebieten einzusetzen“, erklärt Humeid. Das Besondere an dem Projekt ist: Neben dem Gemüseanbau, züchten die Betreiber auch Fische auf den Häuserdächern. Aquaponik heißt diese Form der Kultivierung, die Humeid seit 2012 auch in Jordanien einsetzt.

Das Aquarium mit natürlichem Biofilter

„Aquaponik funktioniert im Prinzip wie ein Aquarium mit einem natürlichen Biofilter“, erklärt der Deutsch-Palästinenser aus Frankfurt. In einem geschlossenen Wasserkreislauf sind die Pflanzen im Gewächshaus mit einem Fischbecken verbunden. Die Ausscheidungen der Fische bilden einen natürlichen Dünger für die Pflanzen. Sie nehmen die Nährstoffe aus dem Wasser auf und reinigen es dadurch. Anschließend wird das überschüssige, saubere Wasser wieder in den Fischteich zurückgeleitet. Aquaponik sei jedoch nicht für jeden geeignet, sagt Humeid, „viele Leute möchten keine eigene Fischzucht aufbauen. Deshalb haben wir das System angepasst.“ Gemeinsam mit seiner NGO entwickelte Humeid Gewächshäuser, die das Kreislaufsystem beibehielten, allerdings ohne Fische. „Bei der sogenannten ‚Hydroponik‘ mischen wir Biodünger ins Wasser, ansonsten ist das Prinzip dasselbe, nur eben ohne Fische“, erklärt der Bastler.

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Wassereinsparung durch ein Kreislaufsystem

Besonders wasserarme Länder wie Jordanien profitieren von der Methode. Durch das Kreislaufsystem versickert das Wasser bei der Bewässerung der Pflanzen nicht wie in der herkömmlichen Landwirtschaft, sondern fließt zurück in das eingebaute Fischbecken. „Wir sparen etwa 40 Prozent Wasser mit unseren Anlagen“, sagt Humeid, „außerdem haben wir Regenrinnen an dem Gewächshaus angebracht, die Regenwasser in Tonnen auf dem Dach auffangen. Das überschüssige Wasser nutzen wir für den Anbau der Pflanzen.“

Viel mehr benötigen die Pflanzen auch nicht, sagt Humeid: „Pflanzen brauchen zum Wachsen nur Wasser und Nährstoffe.“ Deshalb verwendet Meezan auch keine Erde, die sie aus anderen Ländern importieren müssten, sondern Vulkangestein aus der Wüste Jordaniens als Substrat für die Gewächshäuser. „Die Steine haben eine sehr raue und löcherige Oberfläche, dadurch können sich Bakterien, die den Fischdünger zersetzen, gut vermehren“, erklärt Humeid.

Ein Gewächshaus wird zur Klimaanlage

Zusätzlich zur Nahrungsmittelproduktion nutzt Meezan die Gewächshäuser auch als Klimaanlage für die Häuser, auf denen sie stehen. Im Sommer dient eine Stoffplane über dem Gewächshaus als Schattenspender und im Winter heizt es sich an sonnigen Tagen stärker auf als die aus Stein gebauten Wohnhäuser. „Wir saugen die warme Luft im Winter und die kühle Luft im Sommer in die darunterliegende Wohnung“, erklärt Humeid, „außerdem isoliert das Gewächshaus das Dach automatisch gegen Hitze und Kälte.“

Das Projekt hat die Organisation ‚The Freedom Projekt‘ genannt, weil es seine Betreiber unabhängig von ihrer Umwelt macht. Die Gewächshäuser produzieren Energie und Lebensmittel. In ihnen kann fast alles angebaut werden, was nicht in der Erde wächst, „außer Mais, der hat nicht gut funktioniert“, fügt Humeid lachend hinzu.

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Entwicklung vom Konsumenten zum Produzenten

Insgesamt hat die NGO bisher 15 Gewächshäuser gebaut, darunter eines in Zürich und eines in Hebron. Momentan betreiben Humeid und seine Mitstreiter noch hauptsächlich Aufklärungs- und Bildungsarbeit, um möglichst viele Interessierte für ihr Projekt zu gewinnen. „Wir hoffen, dass sich Menschen durch das Projekt von Abnehmern zu Produzenten entwickeln“, sagt Humeid.

In Zukunft hat er große Pläne für die Gewächshäuser. Gemeinsam mit der Initiative Takween des Goethe-Instituts Jordanien stellt Humeid im Oktober 2019 auf der Amman Design Week eine Cafeteria vor, die die Minze für ihren Tee aus dem eigenen Hydroponik-Gewächshaus bezieht. „Solche Projekte sind überall möglich, deshalb möchten wir sie auch in anderen Ländern umsetzen“, erklärt der Visionär. Ein ähnliches Projekt in Deutschland ist schon in Arbeit. Verraten, um was es sich dabei genau handelt, möchte Humeid jedoch noch nicht.

„Meezan“

© www.deutschland.de