„COP der Solidarität“
Staatsministerin Anna Lührmann spricht über Deutschlands Ziele für die Weltklimakonferenz und notwendige Solidarität bei der COP27.
Seit Dezember 2021 ist Anna Lührmann Staatsministerin für Europa und Klima im Auswärtigen Amt. Sie spricht über Deutschlands Ziele für die im November in Ägypten anstehende Weltklimakonferenz, die notwendige Solidarität auf der COP27 und Sicherheitsgefahren, die weltweit mit dem Klimawandel verbunden sind.
Frau Staatsministerin, welche Ziele hat sich die Bundesregierung für die COP27 gesetzt?
Ich sehe klar drei Prioritäten für die nächste COP: Zunächst ist es wichtig, wieder Vertrauen in multilaterale Prozesse herzustellen. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat das zum Teil infrage gestellt. Wenn es uns gelingt, als Staatengemeinschaft beim Menschheitsthema Klimawandel zusammenzuarbeiten, wäre schon sehr viel gewonnen.
Zum zweiten muss es eine COP der Solidarität werden. Die Klimakrise trifft zwar alle, aber gerade die ärmsten Länder der Welt sind besonders betroffen. Ihnen müssen die Staaten, die diese Krise überproportional verursacht haben, jetzt unter die Arme greifen.
Drittens geht es um die konkrete Umsetzung unserer Versprechen zur Reduktion der Treibhausgase, nur damit können wir die Klimakrise einigermaßen in den Griff bekommen.
Wie kann es gelingen, die Staatengemeinschaft zusammenzubringen?
Gerade in diesem Jahr ist nochmal besonders deutlich geworden, dass wir alle in einem Boot sitzen. In allen Teilen der Welt sind die katastrophalen Folgen der Klimakrise zu spüren gewesen: Ob das die Fluten in Pakistan, die Dürren in Europa, Ernteausfälle in Afrika oder Extremwetterereignisse in Amerika waren. Die Regierungen spüren weltweit, dass es um existenzielle Fragen geht, damit auch um Sicherheitsfragen. Ich glaube durch dieses Bewusstsein der Folgen des Klimawandels können wir als Staatengemeinschaft zusammenkommen.
Wir müssen darüber hinaus als Industriestaaten unseren Partnerinnen und Partnern im globalen Süden auf ihrem Weg in die Klimaneutralität auch finanziell unterstützen. Und wir müssen zeigen, dass wir mit einer grünen Transformation ein attraktives Wirtschafts- und Wohlstandsmodell aufbauen können.
Wie kann die angesprochene Solidarität konkret aussehen?
Eine zentrale Aufgabe ist die Klimafinanzierung, dabei müssen wir solidarisch sein. Ein konkretes und für mich wegweisendes Instrument sind die sogenannten Just Energy Transition Partnerships. Eine solche Energiepartnerschaft gibt es bereits mit Südafrika, es sollen weitere Partnerschaften zum Beispiel mit Indonesien folgen. Die G7-Staaten arbeiten bei diesem Projekt zusammen. Es geht um hohe Finanzmittel, aber auch um Technologietransfer. Auf der einen Seite legen sich die Partnerländer fest, ihre Maßnahmen zur Energiewende zu beschleunigen – etwa den Ausstieg aus der Kohleverstromung voranzutreiben. Im Gegenzug helfen die G7-Staaten bei diesem Umstieg mit Finanzmitteln und Know-how.
Sie sind Staatsministerin für Europa und Klima. Wie wichtig ist die Rolle der EU, gerade bei den Weltklimakonferenzen?
Die Rolle der EU ist sehr wichtig, denn die EU verhandelt für alle 27 Mitgliedsstaaten. Wir setzen uns als Bundesregierung dafür ein, dass die Europäische Union mit ambitionierten Zielen in die Verhandlungen geht. Das heißt zum Beispiel, dass wir das Thema Solidarität bei Schäden und Verlusten durch die Klimakrise auf die Tagesordnung setzen. Es bedeutet auch, dass Europa mit gutem Beispiel vorangeht und eigene Klimaziele mit ambitionierten Maßnahmen unterfüttert.
Welche Bedeutung kommt beim Kampf für mehr Klimaschutz dem Technologietransfer zu? Und wie wichtig ist es auf der anderen Seite, dass Länder ihre eigenen Wege finden?
Grundsätzlich kann die Bekämpfung der Klimakrise ohne die Entwicklung neuer Technologien nicht vorangehen. In Europa sind zunehmend Märkte für E-Autos und Solarpanel entstanden. Dadurch können diese Technologien billiger und besser werden – und können damit auch leichter in anderen Ländern eingesetzt werden.
Wichtig dabei ist, dass sich alle Staaten in dieser Frage auf Augenhöhe begegnen. Es geht auch um gegenseitiges Lernen. Wir können zum Beispiel von Ländern des Südens lernen, welche Bauweisen eine bessere Kühlung ermöglichen.
Lösungen müssen zudem immer zu den lokalen Gegebenheiten passen. Das merken wir schon bei unserem Vorhaben, die Klimabilanz des Auswärtigen Amts zu verbessern. Es bringt zum Beispiel nichts, einfach anzuordnen, dass jede Auslandsvertretung Dienstfahrräder anschafft. In manchen Ländern ist es normal, Dienstgeschäfte mit dem Fahrrad zu erledigen, in anderen geht es aus Sicherheitsgründen gar nicht.
Die Klimakrise gilt grundsätzlich als eine der größten Sicherheitsgefahren weltweit. Warum?
Das fängt auf der fundamentalsten Ebene von Sicherheit an: Die Lebensgrundlagen der Menschen müssen gesichert sein. Diese sind aber zunehmend bedroht, wenn es auf der Erde wärmer wird, wenn der Meeresspiegel steigt oder andere Orte Dürre erleben. Zudem können in manchen Regionen gerade dadurch neue Konflikte entstehen, dass die Lebensgrundlagen wie Wasser oder Nahrungsmittel knapp werden.
Wie begegnet Deutschland diesem Risiko?
Zentrale Aufgabe bleibt es, die Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren, um die Folgen der Klimakrise so weit wie möglich abzumildern. Dabei verschränken sich Innen- und Außenpolitik. In der Klimaaußenpolitik setzen wir uns aktuell drei Ziele: Wir wollen zum einen zunächst die COP27 im November zu einem guten Ergebnis bringen. Zudem stellen wir grundsätzlich den Klimaschutz in den Mittelpunkt der Außenpolitik, indem wir das Thema international bei Gesprächen und Treffen immer ansprechen und auch nach weiteren Kooperationsmöglichkeiten suchen. Und drittens haben wir uns vorgenommen, in allen Auslandsvertretungen des Auswärtigen Amts die Emissionen zu senken.
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