„Bildung ist alles“
Nur ein Prozent der Geflüchteten studiert – anders als 37 Prozent aller jungen Menschen weltweit. Wie sich das ändern lässt, war Thema einer Konferenz in Berlin.
„Wichtiger als Nahrungsaufnahme ist ihnen Bildung“, berichtete Filippo Grandi, der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, aus seinen in mehr als drei Jahrzehnten geführten Gesprächen mit Geflüchteten weltweit. Zweit Tage vor dem Weltflüchtlingstag 2019 eröffneten Bundesaußenminister Heiko Maas und Grandi in Berlin die Konferenz „The Other 1 Percent –- Geflüchtete Studierende an Hochschulen weltweit“, organisiert vom Auswärtigen Amt, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und dem Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR). Hochschulbildung bereits in den Erstaufnahmeländern sei nicht nur Chance für den Einzelnen, als Mensch wahrgenommen zu werden, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas: „Sie ist Hoffnung für ganze Flüchtlingsfamilien und Gemeinschaften. Flüchtlinge, die studieren, sind Vorbilder, Bereicherung für ihr Aufnahmeland und sie können eines Tages beim Wiederaufbau ihrer Heimat helfen.“
Zur Rede von Außenminister Maas
Erfolgreiche Programme für junge Flüchtlinge
Dank eines Stipendiums der Deutschen Akademischen Flüchtlingsinitiative Albert Einstein (DAFI) konnte zum Beispiel Foni Joyce Vuni aus Südsudan an der Kenyatta Universität in Kenia studieren. Heute hat sie einen Bachelorabschluss in Mass Communication, bildet selbst andere Flüchtlinge aus, ist eine der Vorsitzenden im Global Youth Advisory Council (GYAC) des UNHCR und Mitgründerin der Initiative YEMI. Sie hilft jungen Menschen dabei, ihre Potentiale zu entfalten. „Erst mit Bildung erkennst Du Deine Potentiale“, sagte die 27-Jährige auf dem Podium in Berlin und betonte den unersetzlichen Wert von Studienförderung für geflüchtete Menschen. Erkenne man nicht positiv seinen eigenen Wert, bleibe man ein Spielball für die Manipulation durch Kriegstreiber. „Ein Mensch, der durch Bildung versteht, was er will, und kulturelle Diversität schätzen lernt, kann sehr viel leichter ein Friedensbewahrer werden als ein Friedensbrecher.“ Foni Joyce Vuni will nun nicht nur ein Masterstudium aufnehmen, sie will sich auch weiter für Flüchtlinge und eines Tages auch in ihrer Heimat im Südsudan aktiv für Frieden und Entwicklung einsetzen. „Bildung ist die Basis dafür. Bildung ist alles und wir müssen diese Möglichkeit nutzen.“
Auch Muhammad Shikhani gehört zu dem einen Prozent derer, die sich nach ihrer Flucht an einer Hochschule einschreiben konnten. Als junger Ingenieur mit einem ersten Abschluss von der Universität in Damaskus flüchtete er vor dem Krieg in Syrien in den Libanon und bewarb sich dort für das Programm „Leadership for Syria“ des DAAD. Als einer von 224 Stipendiaten in diesem Programm kam er nach Deutschland und absolvierte am Karlsruher Institute für Technologie (KIT) das Masterstudium „Water resources engineering“. Seit Februar 2018 promoviert Shikhani am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Magdeburg und forscht über Effekte des Klimawandels auf Seen und Wasserreservoire. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mich 2019 in einem Forschungszentrum und -projekt befinden würde, das mich nach Afrika führt und dort auch mit Grenzkonflikten zwischen Ruanda und Kongo konfrontiert“, erzählt der Syrer. Nicht zuletzt gebe ihm das die Chance, seine Erfahrungen der Flucht und Selbsterfahrung durch die ihm ermöglichte Bildung fruchtbar für Dritte zu machen.
Besseren Zugang zur Bildung öffnen
Vuni und Shikhani sind nicht die Einzigen, die niemals müde werden, vom Wert ihrer Stipendien für neue Hoffnung und Lebensmut zu berichten. 22 Studierende und Alumni aus aller Welt erzählten auf der Konferenz von ihren Erfahrungen. Dank der Programme DAFI oder Connected Learning, HOPES oder Leadership for Syria. Angesichts ihrer Erfolgsgeschichten und beeindruckenden Motivation, das Geschenk der Bildung weiter zu reichen, könne auch die Weltgemeinschaft Mut schöpfen, meinte Filippo Grandi. „Wir sollten uns nicht mit dem Narrativ abfinden, dass es unmöglich sei, das riesige globale Problem der Vertreibung zu lösen.“
Der Hohe Flüchtlingskommissar setzt sich dafür ein, dass bis 2030 15 Prozent der Flüchtlinge Zugang zu höherer Bildung haben. „Wir schulden das den Eltern und Familien, Gemeinschaften und den jungen Menschen, die so begierig nach Ausbildung sind. Wir müssen in ihnen das Gefühl wiederherstellen, dass das Leben großartig ist und Chancen birgt.“
Mehr über die internationale Konferenz
Du möchtest regelmäßig Informationen über Deutschland bekommen? Hier geht’s zur Anmeldung: