Klimaforschung
Das deutsch-kanadische Graduiertenkolleg „ArcTrain“ setzt auf interdisziplinäre Forschung zum Klimawandel.
Keine andere Region der Erde erwärmt sich in Folge des Klimawandels so schnell wie die Arktis. Dies wird – da ist die Forschung inzwischen sicher – zum Abschmelzen der Eismassen führen, zugleich beeinflussen die Schmelzwasser die Strömungen des Nordatlantiks. Die Auswirkungen dieses Wandels untersuchen die Wissenschaftler des deutsch-kanadischen Graduiertenkollegs „ArcTrain“. Sie wollen analysieren, welche Prozesse zwischen Eis, Ozean und Atmosphäre im Nordatlantischen Ozean und der Kanadischen Arktis entstehen.
An dem Ende 2013 gestarteten Kolleg beteiligen sich auf deutscher Seite Wissenschaftler des Zentrums für Marine Umweltwissenschaften (MARUM) der Universität Bremen und des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) sowie auf kanadischer Seite Wissenschaftler aus acht Universitäten. „Das Ausbildungsprogramm kombiniert die Stärke in den marinen Geowissenschaften und der Umweltphysik in Bremen mit dem Fachwissen und den Kompetenzen in der Modellierung von Meereis und Eisschilden unserer kanadischer Partner“, sagt Michal Kucera, ArcTrain-Sprecher auf deutscher Seite und Professor für Mikropaläontologie und Paläoozeanographie am MARUM. Die Kooperation mit den nordamerikanischen Partnern sei naheliegend, da Kanada direkten Zugang zur Arktis habe und auf die Zukunft der Region großen Wert lege. „Die kanadischen Partner können ihr Vor-Ort-Wissen in das Graduiertenkolleg einbringen“, sagt Kucera. Von besonderem Nutzen ist dies zum Beispiel bei ArcTrain-Expeditionen in die zentrale Arktis. Bei den Expeditionen werden Sedimentkerne entnommen, die helfen, die Geschichte der Region zu entschlüsseln oder den Transport von Wassermassen und Wärme in den Nordatlantik zu analysieren.
Von der Ausbildung im Gelände profitieren die Doktoranden des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem kanadischen National Science and Engineering Research Council (NSERC) geförderten Graduiertenkollegs. „Die Ausbildung der Studierenden erfolgt in einem multi-disziplinären, multi-institutionellen und mehrsprachigen Umfeld mit Zugang zu bedeutender Forschungsinfrastruktur und spezialisierter Expertise in den Laboren und auf See“, erklärt Anne de Vernal, Sprecherin von ArcTrain auf kanadischer Seite und Professorin an der Universität von Québec in Montréal. So haben auch die kanadischen Doktoranden dank ArcTrain die Möglichkeit, auf zwei deutschen Forschungsschiffen Erfahrungen zu sammeln: auf der „Maria S. Merian“ und dem Eisbrecher „Polarstern“, dem wichtigsten Werkzeug der deutschen Polarforschung Die Doktoranden aus beiden Ländern kommen aus den unterschiedlichsten Disziplinen, etwa aus Biologie, Physik, Geologie oder der Fernerkundung. Im April 2017 verteidigte der erste ArcTrain-Doktorand erfolgreich seine Arbeit, in der er in dreieinhalb Jahren Neues zur Übertragung von Windenergie in Ozeanen erforscht hatte.
Großes Interesse an Arktis-Forschung
Derzeit nehmen insgesamt 39 Promotionsstudierende aus Deutschland und Kanada an ArcTrain teil. „Wir bilden eine ganze Generation von Arktisforschern aus“, freut sich Michal Kucera, der in der Interdisziplinarität der Nachwuchswissenschaftler einen wichtigen Pluspunkt ausmacht. „Unsere Absolventen sind nicht nur Experten auf dem eigenen Gebiet. Sie sind mit der Arbeit der anderen Kollegiaten vertraut.“
Das Interesse daran, worüber Wissenschaftler in der Arktis forschen, hat in der Öffentlichkeit deutlich zugenommen. Erst kürzlich drehte ein kanadischer TV-Sender Ausschnitte für einen Dokumentarfilm in Bremen und Bremerhaven. Für ArcTrain-Sprecher Kucera ist Medienarbeit wichtig: „Wir stehen in der Pflicht, die Veränderungen der Arktis den betroffenen Akteuren und der Öffentlichkeit zu erklären“, sagt er. Davon könnten auch die Doktoranden profitieren. „Sie lernen mit den Medien umzugehen“, sagt Kucera. Dies könnte nach der Promotion für ihr Berufsleben wichtig sein, egal ob sie ihre Karriere in der Wissenschaft, in Behörden oder in der Wirtschaft fortsetzen. Denn das Interesse daran, was in der Arktis erforscht wird und wie es um die Zukunft des einst ewigen Eises bestellt ist, wird so schnell nicht nachlassen.
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