Reden ist Gold
Wie das Programm Young Mediterranean Voices jungen Menschen aus dem Mittelmeerraum die Chance gibt, Politik und Gesellschaft mitzugestalten.
„Diese Erfahrung hat mein Leben verändert. Dieses Programm gibt jedem die Chance, gehört zu werden“, sagt ein Teilnehmer des Debattierprojekts Young Mediterranean Voices (YMV), das von der EU gefördert wird.
Die Debatte ist die Königsdisziplin des Streitgesprächs, ein Grundpfeiler der Demokratie. Die Debatte hilft, strittige Themen sachlich und gemeinschaftlich zu analysieren und zu lösen. Und die Debatte bringt seit jeher eine große Herausforderung mit sich: Wer sie fördern will, muss dafür sorgen, dass möglichst alle Argumente und Meinungen gehört werden. Zum Beispiel im mediterranen Raum, wo neben verschiedenen Religionen auch unterschiedliche Lebensentwürfe und -voraussetzungen, Werte und Zukunftsmodelle aufeinandertreffen. Über die lohnt es sich zu reden.
Debattieren statt attackieren
Das Internet trägt zu weitreichenden Debatten bei. Ein Hoch auf das Netz. Zumindest teilweise, denn gleichzeitig ist es ein sehr störanfälliger Raum für hitzige Diskussionen statt zielführender Debatten, irrlichternde Argumente statt klarer Positionen. Und seit geraumer Zeit auch für anonyme Attacken statt gemeinschaftlichem Austausch.
Wie also können im Mittelmeerraum – im Süden Europas sowie in Algerien, Ägypten, Jordanien, Libanon und Marokko – möglichst viele junge Stimmen zu Wort kommen? Ein Forum bieten internationale Programme zum Meinungsaustausch – wie Young Mediterranean Voices (YMV).
Das Ziel des dreijährigen Programms, das die Europäische Kommission finanziert: Junge Meinungsmacher der Europa-Mittelmeer-Region sollen am gesellschaftlichen Diskurs teilhaben. Wer etwas zu sagen hat, soll gehört werden. YMV ermöglicht jungen Menschen zwischen 18 und 25, Politik und Gesellschaft mitzugestalten. Der Weg dahin führt über Debatten, denn sie fördern gegenseitiges Verständnis und geben Einblick in den regionalen Kontext. Außerdem wollen die Initiatoren durch umfangreiche Kommunikations- und Lobbyarbeit alle Kanäle für das Jugendengagement im gesamten Mittelmeerraum öffnen.
Young Mediterranean Voices fördert den kulturellen Dialog
2017 starteten die Anna Lindh Foundation und das British Council das Programm in Alexandria. Die euro-mediterrane Stiftung ist eine zwischenstaatliche Einrichtung, zu der 42 Mitgliedstaaten aus der EU und den südlichen und östlichen Mittelmeer-Anrainern gehören. Sie versteht sich als „Netzwerk der Netzwerke“, weil sie über 4.000 zivilgesellschaftliche und kulturelle Organisationen auf Länderebene vereint und für Projekte miteinander verknüpft. Gemeinsamer Leitgedanke ist die Förderung des kulturellen Dialogs.
Young Mediterranean Voices ist eines von mehreren Projekten der Anna Lindh Stiftung zu diesem Zweck. Das Schwesterprogramm Young Arab Voices befähigt junge arabische Menschen, ihre Stimme zu erheben.
Wertvolle Impulse und Kontakte für junge Führungskräfte
Was Young Mediterranean Voices bewirkt, lässt sich am besten an einem Beispiel erklären: Im Januar 2019 initiierten die Macher auf Malta das Seminar New Leadership. Hunderte Interessierte bewarben sich, 22 junge Führungskräfte nahmen schließlich teil. Reisekosten, Visagebühren, Unterkunft und Verpflegung übernahm die Europäische Kommission. Fünf Tage lang tauschten sich die jungen Männer und Frauen intensiv miteinander aus. Sie besuchten internationale Institutionen, erhielten Führungscoachings von Mentoren und trafen etablierte Führungskräfte und Entscheidungsträger der EU. Auf der Tagesordnung standen auch Sitzungen zu kultureller Intelligenz, werteorientierter Führung, Politikgestaltung und digitaler Kommunikation im interkulturellen Kontext.
Die Teilnehmenden haben neue Kommunikationsansätze kennengelernt, ihre Medienkompetenz trainiert und neue Methoden für Analyse, kreatives Arbeiten und Teilhabe für ihr Arbeits- und Lebensumfeld mitgenommen.
Im Dialog Lösungen finden
Young Mediterranean Voices ist also eine Art internationaler Debattierclub. Er speist sich aus regionalen Debattierclubs, den „Debate Hubs“. Die Initiatoren richten Informationsveranstaltungen an Universitäten und Jugendzentren aus. Sie organisieren interne und öffentliche Debatten bei denen Interessierte den Meinungsaustausch trainieren können. Der Fokus des Programms liegt darauf, Multiplikatoren im Debattieren auszubilden.
YMV fördert so die Dialogkultur und hilft jungen Menschen, an öffentlich Debatten teilzuhaben sowie gemeinsam Antworten auf gesellschaftliche Fragen zu finden. Denn bis heute gilt, was schon eines der größten Rhetorikgenies, der griechische Philosoph Sokrates, sagte: „Rede, damit ich dich sehe.“
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