„Wir bringen deutsche und chilenische Unternehmen zusammen“
Das Kompetenzzentrum für Bergbau und Rohstoffe in Chile unterstützt den Austausch von Wissen und Technologien und ermöglicht so beiden Seiten Investitionen.
Das Kompetenzzentrum für Bergbau und Rohstoffe an der Deutsch-Chilenischen Industrie- und Handelskammer in Santiago de Chile besteht seit 2013. Die Wirtschaftshispanistin Iris Wunderlich leitet das Zentrum seit 2021.
Frau Wunderlich, welche Ziele verfolgt das Kompetenzzentrum für Bergbau und Rohstoffe?
Das Kompetenzzentrum wurde in einer Phase ins Leben gerufen, in der Deutschland erstmals eine Rohstoffstrategie erarbeitete. Die zentralen Fragen waren: Welche Rohstoffe benötigt Deutschland in Zukunft, und wo kommen diese her? Chile war neben Kanada die erste Auslandshandelskammer, in der ein solches Zentrum eingerichtet wurde. Wir unterstützen die Bergbauindustrie in Chile unter anderem durch den Technologieaustausch in den Bereichen Nachhaltigkeit und Effizienzsteigerung, was vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird. Wir stehen der deutschen Industrie zur Seite, die an Rohstoffen aus Chile interessiert ist. Wir sind im Land, wir halten mit Ministerien und Firmen Kontakt, wir bündeln Infos und geben sie nach Deutschland.
Wie viele Unternehmen betreut das Kompetenzzentrum?
Von den 550 Unternehmen, die bei der AHK Chile Mitglied sind, können 150 direkt oder indirekt dem Bergbau zugeordnet werden. Das sind sowohl deutsche und chilenische als auch internationale Unternehmen.
Was waren die bislang wichtigsten Erfolge?
Beim Besuch des chilenischen Präsidenten Gabriel Boric in Deutschland im Juni 2024 unterzeichneten das bundeseigene Unternehmen Wismut, das die vom Uranerzbergbau geschädigten Regionen in Sachsen und Thüringen saniert, und der chilenische Kupferkonzern Codelco ein Memorandum of Understanding. Vereinbart wurde ein Informationsaustausch darüber, wie beide zusammenarbeiten können: beispielsweise bei der Wiederherstellung von Böden. Wir haben die Wismut unterstützt, Kontakte aufzubauen. Ein anderes Beispiel ist das Memorandum of Understanding, das bei Olaf Scholz’ Besuch 2023 in Chile zustande kam, zwischen Codelco und dem deutschen Kupferproduzenten Aurubis. Thema war der Know-how-Austausch für umweltfreundlichere Schmelzhütten. Wir helfen dabei, etwas zu verwirklichen, und unterstützen deutsche Firmen, die in Chile einen Partner suchen. Wir bringen Unternehmen zusammen.
Wo liegen die Vorteile der Partnerschaft?
Für Chile ist wichtig zu sehen, welche Technologien und Innovationen es gibt. Deutschland ist ein gern gesehener Partner, denn das Land hat zu Recht den Ruf, nicht nur Technologien verkaufen zu wollen, sondern an diesen auch auszubilden. Deutschland ist ein nachhaltiger Partner vor Ort – und somit Wunschpartner von Chile. Andersherum ist Chile ein guter Partner für Deutschland, weil es im Vergleich zu anderen Ländern in Südamerika als politisch stabil und darüber hinaus als eine der offensten Volkswirtschaften der Welt gilt. Gerade erst wurde das Abkommen mit der EU neu gestaltet und ratifiziert. Beide Länder haben sich dem Klimaschutz verschrieben. Ihnen ist klar, dass Klimaziele nur zu erreichen sind, wenn man auf erneuerbare Energien und Elektromobilität setzt.
Deutschland braucht für die Energiewende Rohstoffe wie Kupfer und Lithium. Doch in welchem Maße belastet der Bergbau Umwelt und Menschen in Chile?
Ich kenne den Vorwurf und sage dazu: Bergbau ist nie komplett nachhaltig, weil ich der Erde etwas entnehme und es nicht in der gleichen Form wieder zurückgebe. Aber ich bin der Meinung, dass man Bergbau so nachhaltig wie möglich gestalten muss. Chile würde ohne Bergbau die Hälfte seiner Wirtschaftskraft verlieren, und die Welt benötigt chilenische Rohstoffe, um die Klimaziele zu erreichen. Das Land hat einen sehr modernen Bergbau mit klaren Regeln für Sicherheit und Umwelt. Bei jedem neuen Bergbauprojekt wird zudem die betroffene indigene Bevölkerung konsultiert.
Wie viele AHK-Kompetenzzentren für Bergbau und Rohstoffe gibt es?
Es gibt acht: in Kanada, Peru, Chile, Brasilien, dem westlichen Afrika, dem südlichen Afrika, Australien und China. Wir bilden mit Institutionen aus Deutschland das „German Mining and Resources Network“. Die letzten drei Jahre haben wir dieses von Chile aus geleitet. Jetzt ist die Leitung nach Deutschland zurückgekehrt, an unser DIHK-Mutterhaus.
Was erhoffen Sie sich für die weitere deutsch-chilenische Kooperation bei Bergbau und Rohstoffen?
Idealerweise erhoffe ich mir, dass Deutschland beim Lithium einen weiteren Fuß in die Tür bekommt. Es würde mich freuen, wenn deutsche Firmen sich zukünftig durch Investitionen stärker einbringen, um so Rohstoffsicherung zu betreiben. Es geht neben Lithium und Kupfer auch um Kobalt und seltene Erden. Dies zu erreichen, geht nur über Investitionen. In Sachen Technologie bin ich mir sicher, dass Deutschland weiter stark vertreten sein wird. Deutsche Technologien sind geeignet, Prozesse nachhaltiger, effizienter und sicherer zu gestalten.