„Vielfalt als Normalität begreifen“
Ali Can setzt sich gegen Rassismus ein. Hier erzählt er, was dagegen wirkt und was Toleranz für ihn bedeutet.
Menschen und ihre Ideen prägen Deutschland. Mit der Kampagne #GermanyinPerson stellen wir euch verschiedene Gesichter Deutschlands vor. Wir zeigen euch, wie diese Menschen mit ihren individuellen Perspektiven und unterschiedlichen Hintergründen die Gesellschaft prägen.
Ali Can (28) kam mit seinen Eltern aus der Türkei nach Deutschland, als er zwei Jahre alt war. Er setzt sich gegen Rassismus ein.
„Toleranz bedeutet für mich, anderen Menschen, Gruppen oder Ansichten den Raum zu geben, den man für sich selbst auch beansprucht. Ich denke, dass Deutschland im Vergleich zu vielen anderen Ländern sehr tolerant gegenüber Menschen ist, die nicht deutscher Herkunft oder nicht christlich sind.
Ich glaube aber auch, dass es in Deutschland teilweise noch ein veraltetes Verständnis von Toleranz gibt. Damit meine ich, dass von einer bestimmten Gruppe von Menschen – häufig weiße Deutsche ohne Migrationshintergrund – höhere Maßstäbe an Zugewanderte angelegt werden. Oft müssen sich Zugewanderte beweisen, bevor sie als zugehörig gelten.
Um Rassismus zu bekämpfen, sind Begegnungen zwischen Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft hilfreich, beispielsweise in Schulklassen, Sportvereinen, Stadtvierteln. Wo Vielfalt normal ist, werden die zugewanderten Menschen als zugehörig wahrgenommen. Im Rahmen meiner ,Hotline für besorgte Bürger‘ habe ich von 2016 bis 2018 Menschen, die Angst vor Flüchtlingen hatten, angeboten, mit mir zu sprechen. Später habe ich als ,Migrant des Vertrauens‘ den Menschen in den Innenstädten meine Geschichte erzählt. Anfang 2019 habe ich das VielRespektZentrum in Essen gegründet, in dem sich ganz unterschiedliche Menschen täglich begegnen können – ob alt, jung, katholisch, muslimisch, geflüchtet, homosexuell, mit Behinderung, ohne Behinderung. Das Wichtigste ist, dass wir Vielfalt als Normalität begreifen.
Um Rassismus zu bekämpfen, müssen wir außerdem Betroffene stärken. Wir müssen ihnen Raum geben, das Erlebte zu erzählen, ihnen glauben und sie im Kampf gegen Rassismus unterstützen. Und es ist wichtig, dass es in bestimmten Bereichen mehr BIPoC (Black, Indigenous and People of Color) gibt, also zum Beispiel in der Politik, in Führungspositionen von Unternehmen oder bei Behörden. Dort können sie sich dann gegen Rassismus einsetzen und andere Betroffene dazu ermutigen, selbst solche Positionen anzustreben.“
Mehr spannende Persönlichkeiten und Infos zur Kampagne findet ihr auf unserem Instagramkanal.
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