Gemeinsame Bewerbung für die Fußball-WM 2027
Deutschland, Belgien und die Niederlande wollen die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen 2027 ausrichten. Sie setzen auf eine nachhaltige WM der kurzen Wege.
Das gab es noch nie: Deutschland, die Niederlande und Belgien bewerben sich gemeinsam um die Austragung der nächsten Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen im Jahr 2027. „Breaking New Ground“ – „Neue Wege gehen“, kurz BNG, ist das Motto der Bewerbung. Die Buchstaben stehen auch für die englischen Namen der Bewerbungsländer Belgium, Netherlands und Germany. Erstmals würde damit eine Fußball-WM der Frauen in drei Ländern ausgetragen, 2023 veranstalten mit Australien und Neuseeland schon zwei Staaten die Titelkämpfe gemeinsam.
Regierungen unterstützen WM-Bewerbung
Die Regierungschefs der drei europäischen Länder sagten der Bewerbung ihre volle Unterstützung zu. „Es ist Zeit, die Fußball-Welt in Europas Mitte zu vereinen und die FIFA-Frauen-Weltmeisterschaft zu einem nachhaltigen Fest des Fußballs, des Friedens, der Freiheit und der Fröhlichkeit werden zu lassen“, erklärten der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, der niederländische Regierungschef Mark Rutte und dessen belgischer Amtskollege Alexander De Croo Ende Juni. Sie hoben die große Bedeutung des Fußballs in ihren Ländern, die positive Entwicklung speziell des Frauenfußballs und die umfangreiche Erfahrung in der Ausrichtung großer Sportereignisse hervor.
Den Anstoß für die gemeinsame WM-Bewerbung gaben die Niederlande, die im Jahr 2017 die Frauen-Europameisterschaft ausrichteten. Seither habe der Frauenfußball in den Niederlanden einen enormen Aufschwung erfahren, es gebe „mehr öffentliches Interesse, ein professionelleres Umfeld und Jahr für Jahr mehr aktive Spielerinnen“, sagt Gijs de Jong, Generalsekretär des niederländischen Fußballverbands KNVB. Angesichts von 32 teilnehmenden Mannschaften aus aller Welt entstand die Idee, dieses große Fußballfest nicht allein, sondern gemeinsam mit den Nachbarstaaten Deutschland und Belgien auszurichten.
Enge Freundschaft zwischen Deutschland, Belgien und den Niederlanden
Eine gemeinsame Weltmeisterschaft könnte auch für das Verhältnis der drei Staaten untereinander eine riesige Chance sein, findet Bernhard Liemann, Experte des in Münster in Deutschland ansässigen Fachinformationsdienstes Benelux, der sich mit den Beneluxländern Niederlande, Belgien und Luxemburg befasst. „Ein Erfolg der Bewerbung würde sicher die Partnerschaft der drei Länder stärken“, sagt Liemann zur Bewerbung der drei eng verbundenen EU-Staaten.
Zwischen den Niederlanden, Belgien und insbesondere dem bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen gibt es ein historisch gewachsenes gutes Verhältnis. „Da braucht man nicht irgendetwas zu konstruieren, denn gute Nachbarschaft ist hier gelebte Praxis“, sagt Liemann. „Alle drei Länder sind EU-Gründungsländer, die seit Jahrzehnten eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf regionaler und kommunaler Ebene.“
Benelux-Experte Liemann fände es aus Sicht des nachbarschaftlichen Verhältnisses von Deutschland, Belgien und den Niederlanden wichtig, wenn die gemeinsame europäische Bewerbung erfolgreich ist. Denn trotz des entspannten, unkomplizierten Verhältnisses bestehe für die Nachbarschaft die Gefahr der „Selbstverständlichkeitsfalle“: „Wir leben scheinbar so selbstverständlich als gute Nachbarn nebeneinander. Wenn man aber nur die Hände in den Schoß legt, kann sich ein gutes Nachbarschaftsverhältnis auch wieder abkühlen.“ Um das gute Verhältnis der Nachbarstaaten sowohl auf staatlicher als auch auf menschlicher Ebene zu pflegen, sei die gemeinsame Bewerbung ein „sehr guter Weg“.
Nachhaltige Weltmeisterschaft mit kurzen Wegen
Deutschland, Belgien und die Niederlande setzen in ihrer Bewerbung auf eine WM der kurzen Wege. Aus ökonomischen und ökologischen Gründen sollen die Spielorte nah beieinander liegen. So sind in Deutschland mit Dortmund, Düsseldorf, Duisburg und Köln nur Städte aus dem an die Niederlande und Belgien grenzenden Bundesland Nordrhein-Westfalen vorgesehen. Von dort seien die Zuschauerinnen und Zuschauer schneller in Amsterdam in den Niederlanden und Brüssel in Belgien als in Berlin oder München, sagt Liemann. „Dadurch kann es eine WM der kurzen Wege werden, bei der die Besucherinnen und Besucher dennoch drei völlig unterschiedliche Länder kennenlernen können.“
Pascale van Damme, Präsidentin des belgischen Fußballverbandes RBFA, sagt zum gemeinsamen Konzept: „Die jeweiligen Regierungen und Fußballverbände wollen nicht nur eine sportlich großartige WM ausrichten, sondern auch eine mit einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit, Vielfalt, Inklusion und digitale Innovation.“
FIFA entscheidet 2024 über Ausrichtung der WM 2027
Ob die drei Länder die WM ausrichten können, wird sich erst 2024 zeigen. Am 17. Mai nächsten Jahres entscheidet der Kongress des Weltfußballverbands FIFA in Thailands Hauptstadt Bangkok mit den Stimmen seiner 211 Mitgliedsverbände über den Zuschlag. Die Konkurrenz für die europäische Gemeinschaftsbewerbung ist allerdings groß: Südafrika, Brasilien sowie die USA und Mexiko als gemeinsame Bewerber sind noch im Rennen. Südafrika und Brasilien können auch darauf bauen, dass bislang weder in Südamerika noch in Afrika eine Frauen-WM im Fußball stattfand.
Wer die Weltmeisterschaft austragen darf, wird auf jeden Fall einen Meilenstein bei der Gleichstellung setzen können: Die FIFA hat schon angekündigt, dass beim nächsten Turnier erstmals genauso viel Geld für die Frauen ausgeschüttet wird wie für die Männer bei Weltmeisterschaften.