„Wir sehen keine Abgrenzung“
Der Generationenforscher Rüdiger Maas über Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Jung und Alt und die Chancen und Risiken der kommenden Generation.
Herr Maas, wie ist das Verhältnis zwischen den Generationen? Oder konkret: Kommen Alt und Jung über ein Thema wie „Klima“ wieder zusammen? Die 1968er sind auf die Straße gegangen, Fridays for Future tut dies auch.
Das Thema „Klima“ eint alle Generationen. Aber es gibt doch erhebliche Unterschiede. Die 1968er demonstrierten gegen verkrustete Strukturen ihrer Vorgänger-Generationen. Fridays for Future „demonstriert“ für etwas, was alle gut finden, vor allem ihre Eltern. Damit ist Fridays for Future wesentlich sozial-erwünschter und mainstreamiger. Wir sehen keine Abgrenzungsbewegung, sondern einen Trend zum großen Konsens.
Was kennzeichnet die aktuelle Generation Z, aus der Fridays for Future hervorgeht?
Etwa 15 Prozent der Generation Z zählt sich zu Fridays for Future, meist die obere Mittelschicht vom Gymnasium. Die Generation Z selbst ist die kleinste Alterskohorte, die wir seit dem Zweiten Weltkrieg haben. Sie wuchs in Wohlstand auf und hat sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, da mehr Menschen in Rente oder Pension gehen.
Die Vorgängergeneration Y ist die, die jetzt die kleinen Kinder erzieht. Was macht sie aus?
Die Menschen der Generation Y bekommen im Schnitt sehr spät Kinder. Bedingt durch den großen Altersunterschied Eltern-Kind und die Allgegenwärtigkeit des Smartphones googeln ungefähr 90 Prozent der Menschen, wenn sie Fragen zur Erziehung haben, und wiederum 90 Prozent glauben, dass nicht alles stimmt, was im Internet steht. Das führt zu einer großen Unsicherheit und einem enormen Anstieg an überprotektiven Eltern, die ihren Kindern so viel abnehmen, dass diese in vielen Punkte wesentlich unselbständiger werden.
Diese Kinder bilden dann die Generation Alpha. Was wächst da für eine Generation heran?
Eine Generation, die digital-intuitiv aufwächst, aber wenig Training in der analogen Welt erfahren wird. Die analoge Welt wird zunehmend als unsicher und fremd wahrgenommen und infolge dessen werden mehr Regeln und Strukturen in der Offline-Welt von Nöten sein. Ein Beispiel:
Viele Kinder werden schon einen Bruch beim Übergang vom Kindergarten in die Schule erleben. Denn im Kindergarten sind sie Vollzeit, in der Grundschule nur vier Stunden. Dann fehlt ihnen zu Hause eine Struktur, weil die Eltern sie immer bespaßt und jeden Wunsch sofort erfüllt haben.
Welchen Rat würden Sie den Eltern von heute mit auf den Weg geben?
Dem eigenen Kind mehr zu trauen und geduldiger zu agieren, eher auf das Bauchgefühl als auf Google zu hören: Was hat mir als Kind gefallen? Waren meine Eltern immer dabei? In der analogen Welt loslassen lernen und die digitale Welt der Kinder genauer beobachten.
Rüdiger Maas hat Psychologie studiert und vor vier Jahren das Institut für Generationenforschung in Augsburg gegründet, das regelmäßig bundesweit Daten aller Generationen erhebt, um Trends vorhersehen zu können.
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