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„Flüchtlinge schnell in den Arbeitsmarkt integrieren“

Der Top-Ökonom Marcel Fratzscher, Politikberater und Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung DIW in Berlin, sieht die Zuwanderung vor allem als Chance.

09.12.2015
© dpa/Daniel Naupold - Marcel Fratzscher

Herr Professor Fratzscher, Sie haben verschiedene Szenarien für die Integration von Flüchtlingen erstellt. In jedem zahlt sich die Zuwanderung langfristig aus. Von welchen Voraussetzungen sind Sie ausgegangen?

Der größte Teil der Flüchtlinge, die bleiben werden, sind sehr jung, haben aber bisher geringe Qualifikationen. Wir gehen in unseren Szenarien am DIW Berlin von sehr vorsichtigen Annahmen aus, die sogar eine Zuwanderung von über vier Millionen Flüchtlingen in den kommenden fünf Jahren berücksichtigt. Tatsache ist aber auch: Wir wissen noch zu wenig über die Flüchtlinge, die zu uns kommen und noch zu uns kommen werden.

Wird sich die Migration auf den Arbeitsmarkt auswirken?

Zweifelsohne ist die Bewältigung des Flüchtlingszustroms kurzfristig eine gewaltige finanzielle und organisatorische Herausforderung für Deutschland. Finanziell können wir das stemmen, aber organisatorisch stehen viele Kommunen vor schwierigen Aufgaben und benötigen Unterstützung. Wir dürfen jedoch nicht nur kurzfristige Belastungen sehen, sondern müssen auch eine langfristige Perspektive einnehmen. Die deutsche Wirtschaft benötigt Arbeitskräfte und mit dem demographischen Wandel wird sich dieser Bedarf in den kommenden Jahren und Jahrzehnten nochmals deutlich erhöhen. Die Flüchtlinge sind deshalb vor allem auch eine Chance für unser Land, langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben und unseren Wohlstand zu sichern. Wenn Menschen in Arbeit kommen – dies gilt für Menschen, die in Deutschland bereits leben, genauso wie für Flüchtlinge – dann tragen sie zu unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei und helfen unsere Zukunft zu sichern.

Was ist also zu tun?

Der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration der Flüchtlinge liegt in der Frage, wie gut und schnell sie in den Arbeitsmarkt kommen. Viele Flüchtlinge sind jung und haben noch nicht die notwendige Ausbildung oder Qualifikationen. Wir müssen deshalb die Aufwendungen für die Flüchtlinge, die in Deutschland bleiben werden, als eine Investition verstehen, genauso wie die Ausgaben für die Kitas und Schulen unserer Kinder Investitionen sind, die sich erst in zehn oder 20 Jahren auszahlen werden. Je mehr wir in die Integration der Flüchtlinge heute investieren, desto größer wird deren Beitrag langfristig sein können.

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