„Wir müssen Lösungen finden“
Die Klimakrise zwingt auch zu schwierigen Kooperationen. Menschrechte dürfen nicht verhandelbar sein, sagt Friedensforscher Stefan Kroll.
Herr Kroll, kann eine „Koalition der Demokratien“ den Klimawandel wirksam bekämpfen?
Ein Klimaclub aus demokratischen Staaten kann hier sicherlich vorangehen und ein Beispiel geben. Auch aus Gründen der Klimagerechtigkeit stehen die westlichen Industriestaaten hier in einer besonderen Verantwortung. Allerdings wird das nicht ausreichen, um die Klimakrise zu bekämpfen. Ohne Länder wie zum Beispiel China, die für einen großen Teil der Emissionen mitverantwortlich sind und deren Gewicht in der internationalen Politik darüber hinaus groß ist, wird es nicht gehen. Die Aufgabe der deutschen Klimadiplomatie besteht auch darin, Wege zu finden, mit nicht-demokratischen Regierungen im Management globaler Krisen zu kooperieren.
Wie kann dieses Zusammenwirken aussehen?
Das ist eine der zentralen Fragen. Bei aller Enttäuschung darüber, dass auch die Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens ihre Selbstverpflichtungen bislang unterlaufen, ist dies ein bestehender globaler Rahmen für die Bekämpfung der Klimakrise und er muss weiterhin dafür genutzt werden. In der Vergangenheit haben sich darüber hinaus vor allem informelle Kooperationsformen wie zum Beispiel in den G20 bewährt, wenn es darum ging, innovative politische Problemlösungsansätze zu finden. Wichtig ist dabei aber auch, dass die Einhaltung der Menschenrechte nicht durch ein Entgegenkommen in der Klimafrage relativiert werden darf. Es muss vielmehr darum gehen, ausgehend von einem gemeinsamen Interesse, dieser geteilten Bedrohung zu begegnen und kooperative Lösungen zu finden.
Wird der Klimawandel künftig mehr Konflikte auslösen?
Das Verhältnis von Klimawandel und Konflikten ist komplex, da der Klimawandel in manchen Fällen Konflikte auslöst und in manchen nicht. Die Bedrohung durch den Klimawandel kann auch Kooperationen befördern. Die vorliegende Forschung zum Verhältnis von Klimawandel und Konflikt stellt für die jüngere Vergangenheit fest, dass der Klimawandel eine Konfliktursache ist, aber nicht die wichtigste. Soziale und ökonomische Faktoren wiegen derzeit noch schwerer. Allerdings wird für die Zukunft erwartet, dass der Klimawandel als Konfliktursache ein zunehmend wichtiger Faktor werden wird.
Ist der Klimawandel die Dauerkrise, die die Politik in den nächsten Dekaden bestimmt?
Ja, das ist definitiv der Fall. Insofern entspricht der Klimawandel auch nicht uneingeschränkt wissenschaftlichen Krisendefinitionen, die eigentlich auf akute Entwicklungen abstellen. Der Klimawandel ist eine sogenannte latente Krise, die sich in bestimmten Konstellationen immer wieder zu akuten Krisen manifestiert. Es ist die Aufgabe der Wissenschaft, diese Konstellationen besser zu verstehen und davor zu warnen und es ist die Aufgabe der Politik, sich mit diesen Warnungen zu befassen und sie in die politische Entscheidung einfließen zu lassen, auch wenn die damit verbundenen Erfolge erst langfristig sichtbar werden.
Stefan Kroll ist Leiter Wissenschaftskommunikation beim Leibniz-Institut Hessische Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) und Peace Research Institute Frankfurt (Prif).
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