Mehr Unternehmerinnen für Afrika
Die EU unterstützt von Frauen geführte Unternehmen in Afrika. Ein Beispiel ist Lalita Junggee aus Mauritius mit ihrem Unternehmen „Eco Hustle“.
„Wieso füttere ich mich selbst mit Plastik?“, fragt die 34-jährige Unternehmerin Lalita Junggee aus Mauritius. Der afrikanische Inselstaat östlich von Madagaskar ist vom Indischen Ozean umgeben. Für die 1,3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner spielt Umweltschutz daher eine besonders wichtige Rolle. „Es kann 100 bis 200 Jahre dauern, bis das Plastik abgebaut ist, es wird eventuell zu Mikroplastik und landet im Meer, und das Meer ernährt mich.“ Hier setzt Junggee mit ihrem 2019 gegründeten Unternehmen „Eco Hustle“ an. Unter dem Namen „Recycle Moi“ bietet sie die ersten biologisch abbaubaren Menstruationsbinden auf Mauritius an.
Die Idee dazu hatte sie 2018. Damals wurde sie auf die Initiative „Women Entrepreneurship for Africa“ aufmerksam, die die GIZ und die Tony Elumelu Foundation im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der Organisation der Afrikanischen, Karibischen und Pazifischen Staaten (OACPS) umsetzen. An dem Programm haben bereits 2.420 Unternehmerinnen teilgenommen und Startkapital erhalten. 100 davon nahmen an einem Intensivprogramm teil und wiederum 30 davon an einem weiteren Wachstumsprogramm – darunter auch „Eco Hustle“. Die Unternehmerinnen bekommen neben finanzieller Förderung Business-Coachings und Kontakte ins Netzwerk der GIZ. Das Programm ist Teil einer Initiative der Europäischen Union, die unter dem Label „Global Gateway“ firmiert. Bis 2027 sollen 300 Milliarden Euro in Kooperationsprojekte in Afrika, Lateinamerika, der Karibik und Asien investiert werden.
Zum Interview schaltet sich Lalita Junggee aus Vancouver in Kanada zu – der potenziell erste Markt außerhalb Afrikas. Bisher hat sie sich auf die südostafrikanischen Inselstaaten konzentriert, verkauft bereits auf den Seychellen und Malediven, bald auch auf La Réunion und den Komoren. „Als Inselnationen stehen wir vor ähnlichen Fragen, ähnlichen Problemen. Es gibt also leider eine Sache, die uns verbindet, nämlich unser Problem und die Krise, die wir im Zusammenhang mit dem Klimawandel teilen.“
Das Geschäft müsse natürlich profitabel sein und auf dem Markt bestehen. Neben dem Umweltschutz verfolgt Junggee mit ihrem Unternehmen aber auch ein soziales Ziel. Sie kämpft mit ihren Produkten gegen die „Period Poverty“ an, zu Deutsch etwa „Periodenarmut“. Damit ist das weltweite Problem gemeint, dass viele Frauen keinen Zugang zu entsprechenden Hygieneprodukten haben oder sich diese nicht leisten können. Die Weltbank berichtete 2022, dass schätzungsweise 500 Millionen Menschen weltweit nicht auf Menstruationsprodukte und angemessene Hygieneeinrichtungen zugreifen können. Hinzu komme, dass es auf Mauritius stigmatisiert sei, über die Menstruation zu sprechen, wodurch vielen Frauen gesundheitlich relevante Informationen zum Thema fehlen.
Gemeinsam gegen Periodenarmut
Laut einer Veröffentlichung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen für Mauritius und die Seychellen von 2022 haben eine Reihe von Kampagnen, Initiativen und Produkten zur Verbesserung der Situation beigetragen, darunter auch die Binden von „Eco Hustle“, die nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch kostengünstiger als die herkömmlichen Alternativen seien. Das Problem besteht jedoch nach wie vor, merkt Junggee an: „Es gibt hier definitiv Platz für mehr Anbieter und ich hoffe, dass mein Unternehmen eine Inspiration für andere ist, sich zu engagieren.“ Auch das gesellschaftliche Tabu weicht auf, unter anderem dank Junggees unternehmerischen Aktivismus in dem kleinen Land. „Ich bin auf jeden Fall stolz darauf, dass ich eine Debatte im Land angestoßen habe, über die Menstruation zu sprechen, und dass sich die Männer an dieser Debatte beteiligen.“
In Afrika befinden sich einige der weltweit am stärksten wachsenden Wirtschaftsräume. Frauen machen mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus, tragen aber nur ein Drittel zum kontinentalen Bruttoinlandsprodukt bei. Hier liegt ein enormes wirtschaftliches Potenzial. Die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) hat erklärt, dass von Frauen geführte Start-ups eine Schlüsselrolle für die wirtschaftliche Entwicklung auf dem Kontinent spielen. Eine Auswertung mehrerer Studien der Harvard University zeigt, dass die Erhöhung des Anteils der von Frauen geführten Unternehmen in Afrika wachstumsfördernd ist.
Hier setzt das das Förderprogramm „Women Entrepreneurship for Africa“ an. „Eco Hustle“ hat es mittlerweile durchlaufen und abgeschlossen. Das aufgebaute Netzwerk bleibt. „Das ist wie ein Abonnement auf Lebenszeit.“ Für die Zukunft plant sie, die Produktion der Binden komplett nach Afrika zu verlegen. Derzeit importiert sie Bambusfasern aus Indien. Das Unternehmen testet, ob sich stattdessen Bananenfasern sowie die Wasserhyazinthe zur Produktion der Binden eignen – Pflanzen, die auf Mauritius zuhauf wachsen. Junggees langfristiges Ziel ist es, sich auf dem afrikanischen Kontinent zu etablieren. „Afrika ist der Ort, mit dem mich am meisten verbindet, weil es meine Heimat ist. Und Afrika hat die nötigen Ressourcen. Es hat Probleme, aber es hat auch die Lösungen. Wir müssen uns nur mit den richtigen Personen zusammentun und die richtigen Leute an Bord holen. Und das geschieht bei der Initiative ‚Women Entrepreneurship for Africa‘.“