Steinmeier ermutigt Äthiopien zu Reformkurs
Der Bundespräsident zeigt sich bei seinem Besuch beeindruckt und verspricht Hilfe. Er mahnt aber auch zu Geduld.
Erst Ghana und Gambia, dann Südafrika und Botsuana, nun Äthiopien: In seiner knapp zweijährigen Amtszeit als Bundespräsident besucht Frank-Walter Steinmeier schon zum dritten Mal den afrikanischen Kontinent. Mit seiner Reise nach Addis Abeba will er vor allem Unterstützung für den entschlossenen Reformkurs von Ministerpräsident Abiy Ahmed demonstrieren. "Ich komme in ein verändertes Land - ein Land im Aufbruch", sagte Steinmeier in der Hauptstadt Addis Abeba. "Wir bewundern den Mut, mit dem Sie diese Reformen begonnen haben", betonte er nach einem Gespräch mit Präsidentin Sahle-Work Zewde. Deutschland wolle diesen Aufbruch mit einer "Reformpartnerschaft" unterstützen. Sahle-Work steht ebenfalls für den demokratischen Wandel in Äthiopien.
Die Staatschefin sprach von einem "Besuch zur richtigen Zeit am richtigen Ort". Deutsches Engagement bei Handel und Investitionen könne Äthiopien weit bringen. Eine Wirtschaftsdelegation begleitet den Bundespräsidenten auf der dreitägigen Reise.
Kooperation von VW mit äthiopischer Investment-Kommission
Außerdem unterzeichnete der Sub-Sahara-Beauftragte von VW, Thomas Schäfer, im Beisein von Bundespräsident Steinmeier und dem äthiopischen Finanzminister Ahmed Shide, ein Momerandum of Understading (MoU) mit der äthiopischen Investmentkommission. Das 100-Millionen-Land Äthiopien ist damit nach Ruanda das nächste afrikanische Boomland, in dem sich der deutsche Autoriese engagiert. "Die Nachfrage ist angesichts einer boomenden Mittelklasse enorm", so DW-Reporter Luder Schadomsky in Addis Abeba. "Allerdings fehlt dem Land an einer Strategie, wie statt des Importes von Gebrauchtwagen mittelfristig Wertschöpfungsketten in der Automobil- und Zulieferindustrie, und damit dringend benötigte Arbeitsplätze im Land geschaffen werden können". Die Kooperation mit VW soll ein erster Schritt auf dem Weg sein.
Steinmeier betonte, der demokratische Aufbruch könne Ausstrahlung weit über Äthiopien hinaus haben - bis hin nach Europa. Damit könnte auch das europäische Bild von Afrika korrigiert werden, das noch zu oft als "Kontinent der Krisen und Konflikte" beschrieben werde. Ein "Modell Äthiopien" könne dieses Bild verändern. Gleichzeitig mahnte er zur Geduld, denn Reformen brauchten Zeit. Steinmeier würdigte auch die von der neuen Regierung eingeführte Parität, die die Hälfte der Kabinettsposten für Frauen vorsieht. "Sie sind damit ein Vorbild sogar über Afrika hinaus." Zudem begrüßte der Bundespräsident, dass sich auch Äthiopien auf internationaler Ebene für den Multilateralismus einsetze - als wichtigstes Mittel für Frieden und Stabilität."
"Superstar" Abiy
Steinmeier traf inzwischen auch mit dem 42 Jahre alten Regierungschef Ahmed zusammen, der als Hoffnungsträger nicht nur für Äthiopien gilt. Seit seinem Amtsantritt im April 2018 brachte er in dem Land, das zu den ärmsten der Welt zählt, demokratische Reformen auf den Weg. Er ließ Tausende politische Gefangene frei, leitete eine Liberalisierung der Wirtschaft ein und ließ hochrangige Funktionäre der alten Garde festnehmen.
Auch schloss Abiy Frieden mit dem Langzeit-Rivalen Eritrea, was noch vor kurzem als undenkbar galt. Äthiopien und Eritrea führten von 1998 bis 2000 einen blutigen Grenzkrieg, auch danach schwelte der Konflikt weiter. Das autokratisch geführte Eritrea schottete sich von der Außenwelt ab, Zehntausende flohen vor dem zeitlich unbegrenzten Wehr- und Arbeitsdienst - auch nach Deutschland. Abiy beendete den Konflikt ohne bekannte Gegenleistung Eritreas.
Am Dienstag will Steinmeier im Norden des Landes die Felsenkirchen von Lalibela besuchen, die Teil des UNESCO-Weltkulturerbes sind. Am Mittwoch kommt er mit Spitzenvertretern der Afrikanischen Union (AU) zusammen, die in der äthiopischen Hauptstadt ihren Sitz hat.