Gemeinsame Streifen am deutsch-polnischen Strand
Die deutsch-polnische Polizeizusammenarbeit wird weiter ausgeweitet: Die Insel Usedom hat ein eigenes Team und eine eigene Wache.
Adam Raczek? Wer in Deutschland sonntagabends den Fernsehsender ARD einschaltet, kennt die Serie „Polizeiruf 110“ und Deutschlands beliebtesten polnischen Kommissar. Gespielt von Lucas Gregorowicz ermittelte er zwischen 2015 und 2022 in zwölf Folgen mit deutschen Kolleginnen und Kollegen zu beiden Seiten der deutsch-polnischen Grenze. Agnieszka Sztylka, Maximilian Will, Katarzyna Swiecicka, Grzegorz Krajewski, Olivia Scholz? Die Namen der deutschen und polnischen Beamtinnen und Beamten, die seit Anfang Juni 2024 auf der Ferieninsel Usedom gemeinsam Streifen gehen, sind dagegen nur jenen bekannt, denen sie vor Ort helfen konnten. Oder jenen, die sie des einen oder anderen Vergehens überführten.
„Wir sind sehr stolz darauf, dieses einzigartige Projekt für unser Land nun mit Leben zu erfüllen. Jeweils drei deutsche und drei polnische Polizeibeamtinnen und -beamte kümmern sich ab sofort auf Usedom um Unfälle, Einbrüche oder Verkehrskontrollen auf deutscher und polnischer Seite gleichermaßen. Ziel ist es, die auch für Touristen beliebte Region sicherer zu machen und zugleich das Image der Grenzregion zu verbessern“, sagte der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Christian Pegel, in Ahlbeck vor dem ersten offiziellen Streifengang. In Ahlbeck befindet sich auch die neue Polizeiwache, in der das Projekt des Polizeipräsidiums Neubrandenburg und der Woiwodschaftskommandantur der Polizei in Stettin eine Bleibe gefunden hat.
Usedom ist mit 445 Quadratkilometern nach Rügen Deutschlands zweitgrößte Insel. Sie ist binational: 373 Quadratkilometer liegen auf deutschem Gebiet, 72 Quadratkilometer auf polnischem. Zusammen sind es 76.500 Einwohner, 45.000 in der polnischen Hafenstadt Swinemünde und 31.500 im deutschen Teil. Im Sommer sind es einige mehr: Rund 3,5 Millionen Touristen besuchen dann die Insel. Die Verflechtungen sind mannigfaltig, auch wirtschaftlich.
Nicht nur Deutsch und Polnisch müssen die Beamten lernen
In den Jahren zuvor gab es bereits alle paar Wochen gemeinsame Streifen, pünktlich zur Feriensaison 2024 sind die Polizisten nun täglich gemeinsam im Einsatz. Allerdings ist der gemeinsame Streifengang beileibe keine Premiere in der deutsch-polnischen Polizeikooperation. Als Vorbild diente das deutsch-polnische Team in Guben/Gubin in Brandenburg. Und von deren Erfahrungen lernte das Team auch. Die jeweils andere Sprache sollten die Beamten beherrschen, aber das ist noch lange nicht alles: Die Polizistinnen und Polizisten wurden monatelang unter anderem mit Rechtsseminaren etwa zum durchaus unterschiedlichen Betäubungsmittelgesetz, zum Waffenrecht und zum Verkehrsrecht beider Länder auf den Einsatz vorbereitet.
Die Idee, dass Polizei und Zoll beider Länder gemeinsam, grenzüberschreitend und schnell bei Diebstählen, Schmuggel, Kontrollen und Gefährdungslagen reagieren sollten, gibt es schon lange. Ihre Umsetzung begann 2007 mit der Einrichtung der gemeinsamen deutsch-polnischen Dienststelle in Świecko bei Slubice. Dort „arbeitete“ auch Fernsehkommissar Adam Raczek. Die Aufgabe der Beamtinnen und Beamten dort unterscheidet sich nicht von der anderer Polizistinnen und Polizisten: Kriminalität verhüten und bekämpfen – in ihrem Fall allerdings grenzüberschreitend. 44 deutsche und 25 polnische Polizisten, Grenzschützer und Zollbeamte werden von einem deutschen und einem polnischen Koordinator geführt. Das Beispiel der Pioniere in Świecko macht übrigens europaweit Schule. Im Schengen-Raum gibt es inzwischen mehr als 50 vergleichbare Dienststellen. (mit dpa / rbb)