Mut und Gegenwehr
Zum 80. Jahrestag des Stauffenberg-Attentats am 20. Juli: Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus war vielschichtig. Ein Überblick.
Das Bild des deutschen Widerstands nach Hitlers Machtübernahme 1933 ist vielfältig. Zwar unterstützte eine große Mehrheit der deutschen Bevölkerung das Hitler-Regime bis 1945. Doch einzelne Gruppen leisteten Widerstand. Sie bestanden aus Männern und Frauen unterschiedlichster Herkunft, Berufe und Orientierungen – unter ihnen Arbeiter, Offiziere, Zivilisten, Studenten und Adlige. Der früheste und konsequenteste Widerstand gegen den Nationalsozialismus wurde von den Gruppen getragen, gegen die sich das NS-Regime zuerst gewendet hatte: Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter. Nach der Zerschlagung ihrer Organisationen agierten die Mitglieder häufig im Untergrund oder aus dem Exil.
Das Stauffenberg-Attentat
Die charismatische Figur des adligen Berufsoffiziers Claus Graf von Stauffenberg gilt als Symbolfigur des deutschen Widerstands. Das Stauffenberg-Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 gilt als bedeutendster Umsturzversuch im „Dritten Reich“. Hitler überlebte die Explosion des Sprengsatzes, den Stauffenberg in dessen Hauptquartier hinterlassen hatte. Über 200 Personen gehörten zum Netzwerk um Stauffenberg, das den bestgeplanten aller Staatsstreichversuche trug: konservative Offiziere und Beamte, Geistliche sowie einige Sozialisten. Der Anschlag ist zwar der bekannteste, aber nicht der einzige auf Hitlers Leben. Bis 1945 überlebte der Diktator mindestens 39 Attentate.
Der unsichtbare Widerstand gegen das NS-Regime
Vielfach agierten Regimegegner auf eigene Faust: In Berlin verteilte das Ehepaar Elise und Otto Hampel seit 1940 Postkarten und Handzettel, die zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus aufriefen. Bekannter ist heute die Weiße Rose: Die Gruppe Münchener Studenten um Hans und Sophie Scholl wurde beim Verteilen von Flugblättern erwischt. Am 22. Februar 1943 wurden die Geschwister Scholl und weitere Mitstreiter hingerichtet.
Von Bedeutung waren auch weniger sichtbare Formen des Widerstands: Der Aufbau subversiver Informationsnetze, das Verstecken Verfolgter, die Fälschung von Pässen für jüdische Bürger, die Verbreitung von Nachrichten der BBC, das heimliche Verteilen von Brot an ausländische Zwangsarbeiter, die Verweigerung des Hitlergrußes.
Die historische Bedeutung des Widerstands im Nationalsozialismus
Der Widerstand im Nationalsozialismus steht trotz seines äußeren Scheiterns für einen unzerstörten Restbestand an Menschlichkeit, Empathie, Mut und Gegenwehr, die selbst unter Bedingungen totaler Herrschaft überlebt hatten. Die entschiedene Ablehnung des Regimes, die verschiedene Widerstandsgruppen verband, bleibt das wichtigste Erbe des Widerstands für die politische Traditionsbildung in Deutschland nach 1945.
Stephan Malinowski ist ein deutscher Historiker. Er lehrt an der University of Edinburgh.
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