Die globale Energiewende ist machbar
Rund 2000 Teilnehmende aus 90 Ländern diskutierten auf dem Berlin Energy Transition Dialogue über den Umstieg auf erneuerbare Energien.
„Die Energiewende ist eine Riesenchance für Sie alle. Und sie in ihren Ländern umzusetzen, ist viel weniger kompliziert, als Sie denken.“ Eindringlich appelliert der deutsch-britische Unternehmer und Pionier der deutschen Solarbranche, Anton Milner, an hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus mehr 90 Ländern, die ihm im bis auf den letzten Platz gefüllten Weltsaal des Auswärtigen Amtes beim Berlin Energy Transition Dialogues (BETD) in der deutschen Hauptstadt zuhören. Die Konferenz stand zwar ganz im Zeichen des aktuellen Berichts des Weltklimarats mit seiner Warnung: Wir sind nicht auf Kurs. Es geht nicht schnell genug. Doch der Unternehmer Milner hat noch eine andere klare Botschaft: Die globale Energiewende ist machbar.
Die Technologie stehe bereit, schon heute gebe es im Grunde keine kostengünstigere Alternative mehr zu erneuerbaren Energien, betont Milner. Auch das Kapital sei vorhanden. An die Politikerinnen und Politiker appelliert er: „Sie werden einen unglaublichen Wohnstand erzeugen, Sie werden Millionen von Jobs generieren, Sie werden schon bald grünen Wasserstoff in großem Stil einsetzen.“ Im Grunde gebe es nur eine Stellschraube, an der man drehen müsse. Und das sei der politische Wille. „Wenn die politischen Rahmenbedingungen nicht stimmen, dann wird auch weiterhin nichts passieren. Wenn die Voraussetzungen aber gegeben sind, dann werden Märkte entstehen und der Wandel wird ganz von allein kommen.“
Große Potenziale durch die Energiewende
Damit brachte der Unternehmer Milner etwas auf einen Punkt, was sich durch den gesamten Berlin Energy Transition Dialogue zog, der 2023 bereits zum neunten Mal stattfand: die feste Überzeugung, alle Mittel zur Verfügung zu haben, den Übergang in eine klimafreundlichere Zukunft in einer gemeinsamen Kraftanstrengung schaffen zu können.
Wie groß die Potenziale sind, die Länder aus dem Globalen Süden für eine weltweite Energiewende mobilisieren können, zeigte etwa die Rede des kenianischen Präsidenten William Ruto. Sein eigenes Land bezieht bereits heute 90 Prozent seines Stroms aus Solar-, Wind- und Wasserkraftanlagen und strebt Klimaneutralität bis zum Jahr 2030 an. Ruto war es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Länder des afrikanischen Kontinents im Augenblick zwar am anfälligsten für die Folgen des Klimawandels seien. 600 Millionen Menschen hätten keinen Zugriff auf Energie. Aber Afrika sei eben nicht nur Opfer, sondern auch ein wichtiger Player, wenn es um erneuerbare Energien im globalen Maßstab gehe, so Ruto. Würde man sein volles Potenzial zur Erzeugung grünen Stroms nutzen, könnte man mit einer Ausbeute grünen Stroms rechnen, die den für das Jahr 2040 prognostizierten weltweiten Energiebedarf um den Faktor 50 übersteigt.
Mehr Unterstützung für Länder im Globalen Süden
Aber was muss geschehen, um Länder auf dem afrikanischen, aber auch anderen Kontinenten zu wichtigen Partnern in der globalen Energiewende zu machen? Die wichtigste Stellschraube, so hörte man auf vielen Panels, sei die Erhöhung des Investitionsvolumens für Entwicklungsländer. Diese hätten im vergangenen Jahr nur 20 Prozent der Investitionen in erneuerbare Energien erhalten, obwohl in ihnen 70 Prozent der Weltbevölkerung lebten, betonte etwa Sultan bin Ahmed Al Jaber, Präsident der nächsten Weltklimakonferenz COP 28. Auf die Länder in Subsahara-Afrika entfallen laut der UN-Sonderbeauftragten Damilola Ogunbiyi sogar nur 1,5 Prozent des weltweiten Investitionsvolumens.
Dazu kommt: Viele Länder sind verschuldet und finden auf dem Kapitalmarkt ungünstige Bedingungen vor, wie auch Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock in ihrer Eröffnungsrede betonte. Auch aus diesem Grund drängt Deutschland auf eine Reform der Weltbank, dem größten Finanzgeber für globale Entwicklungszusammenarbeit. Globale öffentliche Güter sollen dadurch viel stärker als bisher unterstützt werden. Auch über einen möglichen Schuldenerlass soll demnächst im Kreis der G20-Ländern verhandelt werden, so Baerbock.
Internationale Energiepartnerschaften vertiefen
Klimaschutz, auch das war der deutschen Außenministerin wichtig, sei eine Aufgabe, die nur gemeinschaftlich angegangen werden könne. Dabei gebe es keine „One size fits all“-Lösung, sondern jedes Land habe bestimmte Ausgangsbedingungen, die berücksichtigt werden müssten. Deutschland arbeitet dafür schon lange in einer ganzen Reihe von Energiepartnerschaften mit Ländern weltweit zusammen.
Der Wille zur Veränderung war zumindest unter den Teilnehmenden des Berlin Energy Transition Dialogues spürbar. Warum es dazu auch keine Alternative gibt, brachte Deutschlands Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck so auf den Punkt: „Am Ende gilt es, zu begreifen: Mit dem Klimaschutz schützen wir eigentlich nicht das Klima, sondern uns selbst.“