Müllabfuhr im All
Die ESA-Mission ClearSpace-1 soll Weltraumschrott einsammeln. Holger Krag, Leiter des ESA Space Debris Office in Darmstadt, über die Müllabfuhr im All.
Herr Krag, warum ist Weltraumschrott gefährlich?
Wir gehen zur Zeit von mehr als 30.000 vom Menschen gemachten Objekten im Erdorbit aus, die eine Größe von mehr als zehn Zentimeter haben, Schätzungen für die Anzahl der Schrottteile oberhalb einer Größe von einem Zentimeter belaufen sich sogar auf rund eine Million. Meist handelt es sich dabei um Bruchstücke von Raketen und Satelliten. Sie sind ein enormes Problem für unsere Infrastruktur im All: Wegen der sehr hohen Geschwindigkeit der Trümmer reicht bereits ein Partikel von wenigen Millimetern Größe aus, um beim Einschlag in einen intakten Satelliten gewaltige Schäden bis zum kompletten Ausfall anzurichten.
Wie wird der Abschleppwagen im All vorgehen?
Das Vehikel wird bei seinem ersten Einsatz einen rund 100 Kilo schweren Adapter einer europäischen Rakete einsammeln. Bei dem Manöver kommen mehrere Sensoren zum Einsatz sowie vier mechanische Arme, die das Objekt zunächst umklammern und sichern, bevor es zu einer Berührung kommt. Danach drückt das Vehikel das Schrottteil an sich, zündet das Triebwerk und bringt das Objekt in eine sehr niedrige Umlaufbahn, von wo aus beide innerhalb kurzer Zeit in der Atmosphäre verglühen sollen. In späteren Missionen wird es auch möglich sein, mehr als ein Objekt pro Mission zu entfernen.
Welche Rolle spielt internationale Zusammenarbeit für die Weltraumsicherheit?
Das Problem des Raumfahrtschrottes kann nur international gelöst werden. Der Weltraum ist eine gemeinsam genutzte Ressource – eine Umkreisung der Erde dauert nur rund 100 Minuten, jedes trümmerbildende Ereignis im All hat sofort globale Auswirkungen. Deshalb existiert eine etablierte nationenübergreifende Zusammenarbeit zur Verhinderung von Raumfahrtschrott, zum Beispiel im Rahmen des Inter-Agency Debris Coordination Committee (IADC), das sich in diesem Jahr noch in Darmstadt trifft und in dem neben der ESA alle andere großen Raumfahrtagenturen mitwirken. In Zukunft sollten wir dafür sorgen, dass jede Mission sich selbst durch entsprechende Manöver am Ende des Betriebs wieder aus dem All entfernen muss. Die ESA strebt an, ein solches Prinzip für ihre eigenen Missionen ab 2030 einzuführen.