„Klimaschutz auf der Agenda“
Kooperation, Konkurrenz und viele Chancen: Expertin Sonja Thielges über Perspektiven der Energiewende in Deutschland und den USA.
Sonja Thielges von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) beschäftigt sich intensiv mit der Energiewende in Deutschland und den USA. Sie ist Ko-Autorin einer aktuellen Bestandsaufnahme zum Kooperationspotenzial beider Länder in diesem Feld.
Frau Dr. Thielges, die geplanten Subventionen der US-Regierung für den amerikanischen Sektor der erneuerbaren Energien haben zuletzt Sorgen vor einem europäisch-amerikanischen Konkurrenzkampf geschürt. Welche Möglichkeiten sehen Sie für einen gemeinsamen Ansatz in der Energiepolitik?
Mit Blick auf den Klimaschutz ist die angesprochene Konkurrenz eine Chance. Sie bedeutet letztlich, dass man auf beiden Seiten des Atlantiks dazu angehalten ist, Investitionen in die Eneuerbaren Energien zu erhöhen. Auch in diesem Feld belebt Konkurrenz das Geschäft und trägt dazu bei, Klimaschutz auf die Agenda zu setzen. Das war in den USA unter der Trump-Administration schließlich überhaupt nicht der Fall. Mit Blick auf saubere Energien gibt es in der Kooperation mit den USA für Deutschland nun wieder viel größere Schnittmengen. Beide Partner können viel in den transatlantischen Dialog einbringen, sodass zum Beispiel der Ausbau von Wind- und Solarenergie partnerschaftlich vorangetrieben wird. Und die USA gehen ihrerseits bei Themen wie Carbon Capture and Storage (Speicherung von Kohlendioxid im Untergrund) oder der Reduzierung von Methanemissionen voran, die beide aber in den vergangenen Jahren auch in Deutschland an Bedeutung gewonnen haben.
Inwieweit verfolgen die USA und Deutschland unterschiedliche Strategien in der Energiepolitik?
Die USA verfolgen einen klar marktorientierten Ansatz, um Technologien wie E-Mobilität oder die Nutzung von CO2-armem Wasserstoff voranzutreiben, und sie verzichten weitgehend auf bindende Vorgaben zur Reduzierung von Emissionen oder zum Vorrang einzelner Sektoren. Welche Technologien sich wo durchsetzen, soll der Markt entscheiden. Zugleich nutzen US-Regierung und die Bundesbehörden, die zusammen die größte Kaufkraft der Welt aufbringen, diesen Einfluss, um die Energiewende zu beschleunigen. Deutschland setzt dagegen viel stärker auf Vorgaben zur Emissionsreduzierung für die einzelnen Sektoren wie zum Beispiel Industrie, Verkehr oder Gebäude. Auch beim Ausbau der erneuerbaren Energien, die in Deutschland bis 2030 mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs abdecken sollen, gibt es ganz konkrete Ziele. Und nicht zuletzt ist Deutschland eingebunden in den europäischen Emissionshandel, der mit der CO2-Bepreisung das Erreichen der Klimaziele fördert.
Wo sehen Sie zwischen den USA und Deutschland die größten Kooperationspotenziale im Klimaschutz?
Das reicht von gemeinsamen Anstrengungen zur Markteinführung von CO2-armem Wasserstoff bis zum Austausch über Carbon Capture and Storage oder CO2-Bepreisung. Vielversprechend ist auch der Dialog zwischen den USA und Deutschland zum Ausbau der erneuerbaren Energien, sei es bei Forschungskooperationen oder bei der Verständigung zu gemeinsamen Zielen. Ein wesentlicher Aspekt der deutsch-amerikanischen Klima- und Energiepartnerschaft ist zudem die Zusammenarbeit mit Drittstaaten. Beide Länder engagieren sich besonders mit Blick auf Schwellen- und Entwicklungsländer und können mit ihren Investitionen die Energiewende auch dort fördern. Denn natürlich ist klar: Nur mit Maßnahmen in Deutschland und den USA kann dem Klimawandel nicht wirksam begegnet werden.
Welche Rolle spielen bestehende Kooperationsformate?
Auch hier zeigt sich, wie sinnvoll es ist, mehrere Länder zusammenzubringen. Der Initiative Mission Innovation gehören zum Beispiel neben den USA und Deutschland 22 weitere Partner an. Gemeinsam arbeiten sie an klimafreundlichen Energielösungen, etwa an sauberem Wasserstoff. In dieser internationalen Partnerschaft werden Investitionen gezielt gebündelt, um technologischen Fortschritt zu ermöglichen. Ein wichtiges Format ist auch der „Trade and Technology Council“ von Europäischer Union und USA. Gerade angesichts viel diskutierter Fragen, wie zum Beispiel den US-Subventionen für die heimische Energiewirtschaft, ist es wichtig, sich in solchen Zusammenschlüssen auszutauschen. Das belebt die Partnerschaft und hilft dabei, zum Klimaschutz im Gespräch zu bleiben.