Verändert „Fridays for Future“ die Welt?
Was die jungen Klimaschützer in Deutschland antreibt und welchen Erfolg sie haben, erzählen Svenja (16) und Linus (15).
Sie haben Angst um die Zukunft ihrer Generation: Seit Monaten gehen auch in Deutschland jeden Freitag Tausende Schüler für Klimaschutz auf die Straße. Zu den Aktivisten von „Fridays for Future Deutschland“ gehören die 16-jährige Svenja Kannt und der 15-jährige Linus Steinmetz.
Svenja und Linus, was motiviert euch, in der „Fridays for Future“-Bewegung für mehr Klimaschutz zu demonstrieren?
Linus: Politisch aktiv war ich schon vorher, zum Beispiel als Schulsprecher. Klima und Umwelt waren mir immer wichtig, aber ich fühlte mich machtlos. Als Freunde überlegten, in ihrer Stadt einen Klimastreik zu starten, habe ich für mein Bundesland Niedersachsen und meine Heimatstadt Göttingen auch eine „Fridays for Future“-Gruppe gegründet. Seitdem wir auf die Straße gehen, habe ich das Gefühl, wir können es schaffen, dass die Erwachsenen uns endlich zuhören.
Svenja: Was mich und andere Aktivisten motiviert, ist die Angst vor der Zukunft, wenn wir jetzt nicht handeln. Die Regierung nimmt ihre Verantwortung der jungen Generation gegenüber aktuell nicht wahr.
Was sind die zentralen Forderungen von „Fridays for Future?“
Svenja: Der internationale Konsens der Bewegung ist, die globale Erwärmung auf unter 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. „Fridays for Future Deutschland“ hat einen Forderungskatalog mit sechs Punkten ausgearbeitet:
- Netto-Null-CO2-Emissionen bis 2035
- Kohleausstieg bis 2030
- 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung bis 2035
- Abschaffung der Subventionen für fossile Energieträger bis Ende 2019
- Ein Viertel der Kohlekraftwerke abschalten
- CO2-Steuer in Höhe von 180 Euro pro Tonne CO2.
Welche Erfolge gab es in Deutschland bisher?
Svenja: Wir haben innerhalb weniger Monate 300.000 Menschen mobilisiert und Klimaschutz wird stärker öffentlich diskutiert. Aber: Unsere Forderungen müssen von der Politik auch umgesetzt werden, weil der Klimawandel nicht verhandelbar ist. Das heißt: Erfolgreich sind wir erst, wenn international die Einhaltung des 1,5-Grad Celsius-Zieles sichergestellt ist. Derzeit haben wir einen riesigen Rückhalt in der Gesellschaft. Man kann uns nicht mehr übersehen. Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen wir die Politiker dazu bringen, uns zuzuhören.
Linus: Im Februar haben wir einen offenen Brief zum Kohleausstieg veröffentlicht – und innerhalb von zwei Tagen wurden wir eingeladen, vor der Kohlekommission zu reden, die über die Zukunft der Kohlekraft in Deutschland entscheidet.
Wie sind die deutschen Aktivistinnen und Aktivisten mit jungen Menschen weltweit vernetzt?
Svenja: „Fridays for Future Deutschland“ ist europaweit und global stark mit anderen Ablegern der Bewegung vernetzt. Es sind internationale Demonstrationen geplant, am 24. Mai vor der Europawahl in allen großen Städten und am 21. Juni eine Drei-Länder-Demo in Aachen. Das Ziel, das wir erreichen wollen und müssen, ist ein internationales. Da kann Deutschland allein nicht viel tun.
Kann „Fridays for Future“ die Welt verändern?
Linus: Ja, auf jeden Fall. Wir haben jetzt schon ganz viele Welten verändert. Ich hoffe, dass wir jedem der 300.000 Streikenden Impulse gegeben haben, die am 15. März allein in Deutschland auf den Straßen waren. Wir haben politische Macht. In Deutschland fangen Politiker an, uns zuzuhören.
Was entgegnen Sie Kritikern der Schülerstreiks, oder Menschen, die den Klimawandel bezweifeln?
Linus: Es bringt nichts, darüber zu reden, ob wir streiken dürfen oder nicht, denn das eigentliche Thema ist der Klimawandel. Ich würde lieber freitags in die Schule gehen, aber es ist die Schuld der Erwachsenen, dass ich das derzeit nicht kann, weil ich meine Zukunft selbst in die Hand nehmen muss. 97 Prozent der Wissenschaftler sagen, dass es den Klimawandel gibt. Das sollte Erklärung genug sein.
Interview: Tanja Zech
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