Zwischen Skepsis und Zuversicht
Welche Auswirkungen hat der Brexit auf die deutsch-britische Wirtschaft? Der Chef der Auslandshandelskammer in London erklärt es.
Herr Dr. Hoppe, wie ist die Stimmung in der deutsch-britischen Wirtschaft angesichts der anhaltenden Brexitunsicherheit?
Unsere aktuelle Herbstumfrage besagt, dass zwei Drittel der befragten Unternehmen sogar bereit sind, eine noch längere Unsicherheitsphase hinzunehmen, wann am Ende ein weicherer Brexit mit einer Zollunion beziehungsweise -partnerschaft und einer engen Anbindung an den Binnenmarkt steht. Bei einem harten Brexit fürchten sie neue Handelsbarrieren und größeren Verwaltungsaufwand.
Wie haben sich die deutsch-britischen Handelsbeziehungen in jüngster Zeit entwickelt?
In den ersten fünf Monaten des Jahres 2019 lagen die deutschen Exporte nach Großbritannien bei etwa 35 Milliarden Euro – im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang von 2,3 Prozent. Die Importe aus Großbritannien sanken stärker und zwar um 6,1 Prozent auf 15 Milliarden Euro. Mit einem Handelsvolumen von 50 Milliarden Euro ist Großbritannien demnach nur noch auf Rang 7 der wichtigsten deutschen Handelspartner. 2017 war es noch Rang 5, 2018 Rang 6.
Würden Sie heute einen Blick in die Zukunft wagen?
Unabhängig vom Ausgang des Brexit ist Großbritannien die zweitgrößte Volkswirtschaft Europas. Der Markt geht nicht verloren und wird auch weiterhin für die deutsche Wirtschaft eine große Rolle spielen. Aber die Unsicherheit hat natürlich Auswirkungen auf Handel und Investitionen. Wer nicht weiß, wie sich die Wirtschaft entwickelt, investiert auch nicht. Und allein die Entscheidung für den Brexit hat Großbritannien schon etwa 3 Prozent Wachstum gekostet.
Dr. Ulrich Hoppe ist Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer in London.
Interview: Martin Orth
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