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Menschen mit Mentoring stärken

Pavlo Stroblja stammt aus der Ukraine – und bietet mit dem Projekt Queermentor wertvolle Unterstützung im Berufsleben.

Interview: Johannes Göbel, 12.08.2022
Mit dem Blick für Diversität und Branchenvielfalt: Pavlo Stroblja
Mit dem Blick für Diversität und Branchenvielfalt: Pavlo Stroblja © Elvira Remo

2022 wurde das Projekt Queermentor mit dem deutschen „Impact of Diversity Award“ ausgezeichnet. Gegründet hat es der aus der Ukraine stammende Heidelberger Pavlo Stroblja. Als „erste digitale Plattform für Vernetzung, Wissenstransfer, Training und Mentoring für LGBTIQA-Menschen und Allies“ will Queermentor dazu beitragen, die Arbeitswelt diverser zu machen, mit kostenlosen Angeboten wie Coachings und Trainings – und vor allem einem umfangreichen Mentoring-Programm. Rund 170 Mentor*innen unterstützen junge queere Menschen bei der persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung.

Herr Stroblja, was motiviert Sie, mit dem Projekt Queermentor andere zu unterstützen?

Ausschlaggebend für unseren Start im Jahr 2021 war, dass es schlichtweg kein vergleichbares Angebot für die LGBTIQA-Community gab. Außerdem wusste ich aus Gesprächen mit Straight Allies, also heterosexuellen Personen, die die LGBTIQA-Bewegung unterstützen, dass sie nach Wegen suchten, sich für die Community zu engagieren. Wir bringen also Menschen, die Unterstützung brauchen, zusammen mit unterschiedlichsten Personen, die mit ihren Qualifikationen und ihrer Expertise weiterhelfen können. Queermentor ist die passende Plattform, um die Menschen miteinander zu vernetzen und verschiedene Arten von Empowerment zu ermöglichen. Darüber hinaus war für mich auch eine persönliche Motivation entscheidend für die Gründung von Queermentor.

Woher rührt diese Motivation?

Ich bin vor fast 20 Jahren, mit 22, zum Studieren nach Deutschland gekommen. Erst hier hatte ich mein Coming-out. In der Ukraine hatten mir Vorbilder gefehlt, die zeigen konnten: Es ist in Ordnung, du selbst zu sein und zu dir selbst zu stehen. Stattdessen musste ich mich anpassen. Mit Queermentor möchte ich jungen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft Mut machen und Zugänge zu Vorbildern ermöglichen. Und das auf einem direkten, unkomplizierten Weg, damit sie möglichst früh zu sich selbst finden und auch die notwendige Unterstützung erhalten.

Stärke durch Zusammenhalt ist ein zentrales Ziel von Queermentor.
Stärke durch Zusammenhalt ist ein zentrales Ziel von Queermentor. © Queermentor

Wie arbeitet Queermentor?

Gerade weil viele Mitglieder der LGBTIQA-Community Ausgrenzung erfahren, wollen wir ihnen ganz grundsätzlich sagen: Ihr seid gut so, genauso, wie ihr seid. Die Anliegen der Menschen, die zu uns kommen, sind so vielfältig wie sie selbst. Unsere Mentor*innen unterstützen beim Coming-out, sei es in der Familie oder auf der Arbeit; sie unterstützen die Mentees beim Bewerbungsprozess und auf der Suche nach einem Arbeitgeber, der zu ihnen passt. Im Orientierungsgespräch mit uns tauchen dann auch oft noch weitere Fragen auf, bei denen die Mentor*innen helfen können. Sehr viele Auszubildende, Studierende und Berufseinsteiger wünschen sich ein stärkeres Selbstbewusstsein, möchten souveräner mit der eigenen sexuellen Orientierung umgehen. Zugleich sind ihnen die berufliche Orientierung und die Möglichkeiten, eine Karriere zu planen, wichtig.

Haben Sie auch berufserfahrene Mentees?

Ja, und sie sind für uns sogar leichter zu erreichen, weil sie sich unter Mentoring schon etwas Konkretes vorstellen können. Sie wissen, wie wichtig es sein kann, im Berufsleben jemanden als Unterstützer*in an der Seite zu wissen, zum Beispiel auch dann, wenn man die Branche wechseln will. Mentees finden bei uns übrigens Mentor*innen aus rund 20 verschiedenen Branchen, sei es aus der Automobilindustrie, im Feld Banken und Finanzen oder aus dem Personalbereich. Darüber hinaus geht es bei Queermentor aber auch um ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, das generationenübergreifend ist und das wir durch verschiedene Angebote stärken.

Wie international ist Queermentor?

Es war mir sehr wichtig, Queermentor so inklusiv wie möglich zu gestalten, und mit der Plattform nicht nur digital und ortsunabhängig, sondern auch englischsprachig zu sein, um international informieren zu können. Die meisten unserer Mentor*innen sind mehrsprachig, viele leben außerhalb Deutschlands, zum Beispiel in Irland, den USA, Malta oder Frankreich. Zur Internationalität passt auch, dass das Angebot von Queermentor sehr gut skalierbar ist und sich vergleichsweise leicht auch für andere Länder aufbauen lässt. Selbst für die Ukraine kann ich mir das langfristig vorstellen.

Wie nehmen Sie den Krieg in der Ukraine wahr?

Vor Kriegsbeginn war ich zuletzt Silvester bei meinen Eltern in der Ukraine. Der russische Angriff Ende Februar war zunächst wie ein Schock. Ich habe dann aber damit begonnen, Hilfe für ukrainische Geflüchtete anzubieten und zu organisieren. Auch konnte ich meine Eltern nach Deutschland holen und in Heidelberg unterbringen. Seit März war ich wiederholt in der Ukraine und bin dort im Austausch mit der queeren Community. Wir arbeiten mit Queermentor an Angeboten für Geflüchtete, sind aber natürlich auf Spenden angewiesen. Gerade die Betreuung und Vermittlung von ukrainischen Bewerber*innen ist aktuell ein sehr drängendes Thema.

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