Wie bringt man Maschinen das Sehen bei?
Autonome Fahrzeuge erkennen Stoppschilder, Endoskope erkennen Krebs. Wie das funktioniert, erklärt ein Experte für Künstliche Intelligenz.
VIDETE! – Seht! So heißt ein Projekt des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI). Hier entwickeln KI-Experten der Forschungsgruppe Erweiterte Realität in Kaiserslautern neue Verfahren für maschinelles Sehen. Ziel ist es, dass Maschinen bewegliche Objekte und Situationen mit nur einer Kamera verlässlich erkennen. Bisher sind derartige Systeme auf mindestens zwei Kameras angewiesen.
Wie können Maschinen sehen lernen?
Projektleiter Gerd Reis stellt klar: „Das Sehen eines Menschen und das Sehen eines Roboters haben wenig miteinander zu tun.“ Das maschinelle „Sehenlernen“ ist ein mathematischer Prozess. Es geht darum, Robotern über neuronale Netzwerke – im Grunde ist dies eine Software – ein gewisses Szenenverständnis beizubringen. Zum Beispiel in Verkehrssituationen Autos und deren Bewegung zu erkennen und Verkehrsschilder richtig zu interpretieren.
Beim maschinellen Lernen mit neuronalen Netzwerken gibt es extrem viele Variablen. Die Forscher vergleichen die Ausgaben mit den erwarteten Ergebnissen und analysieren den Grad der Abweichung. Dann geht es Schritt für Schritt zurück bis zum letzten Punkt der Übereinstimmung. So lernt das System den Zusammenhang zwischen Eingabe und korrekter Ausgabe.
Welche Einsatzbereiche gibt es für maschinelles Sehen?
Vor allem beim autonomen Fahren und in der Industrie. Aber auch beim Erkennen von Krebs mit medizinischen Bildgebungsverfahren; im Sport zur Auswertung von Wettkampfszenen oder in Assistenzsystemen für ältere Menschen (Ambient Asssitant Living). Reis verdeutlicht: „Da gilt es zu unterscheiden, ob der Mensch im Sessel bewusstlos zusammengesackt ist und schnell Hilfe braucht oder ob er entspannt ein Buch liest.“
Vor welchen Herausforderungen stehen die KI-Forscher?
Wie lässt sich sicherstellen, dass die Künstliche Intelligenz alle Verkehrsschilder sicher erkennt, auch wenn sie schneebedeckt oder verschmutzt sind? Und: Wie lässt sich das beweisen? VIDETE erforscht auch, wie sich die berechneten Ergebnisse – die Entscheidungen der Maschine – begründen lassen. Was führt beispielsweise dazu, dass sie bei der Endoskopie eine Gewebeveränderung als Krebs erkennt? Bevor der Mensch die Ergebnisse nutzt, prüft ein anderer Algorithmus den Entscheidungsweg. „Wie eine ärztliche Zweitmeinung“, sagt Reis.
Eine Frage reicht über die Forschung hinaus und erfordert eine gesellschaftliche Debatte: Wer verantwortet die Entscheidungen Künstlicher Intelligenz?
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