Wichtiger Baustein der Globalisierung
Mexiko und die EU haben ihr Freihandelsabkommen erneuert. Was ändert sich? Fünf Fragen und Antworten.
Es stand immer ein wenig im Schatten des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (Nafta). Dennoch war das im Jahr 2000 in Kraft getretene Freihandelsabkommen zwischen der EU und Mexiko ein wichtiger Baustein in der Globalisierung des Handels. Nach fast 20 Jahren wurde es jetzt überarbeitet. Neue Geschäftsbereiche wie Energie und Internet-Handel wurden aufgenommen. Die wichtigsten – und umstrittensten - Neuerungen sind der zollfreie Handel mit fast allen landwirtschaftlichen Produkten und die Möglichkeit für deutsche Unternehmen, sich an öffentlichen Ausschreibungen von 14 mexikanischen Bundesstaaten zu beteiligen. Fünf Fragen und Antworten zu den Handelsbeziehungen und den Neuerungen.
Was hat der Freihandel zwischen Mexiko und Europa bislang gebracht?
Der bilaterale Handel hat sich seit Bestehen des Abkommens verdreifacht. Mexiko ist der wichtigste Handelspartner der EU in Lateinamerika. Für Mexiko wurde die EU nach den USA und China der drittgrößte Handelspartner. Doch an der großen Abhängigkeit vom US-Markt änderte sich nichts. Ein Problem sind die hohen Transportkosten nach Europa. Die EU erzielte mit Mexiko einen Handelsbilanzüberschuss von etwa 14 Milliarden Euro. Dieses Ungleichgewicht wird immer wieder von Globalisierungskritikern hervorgehoben. Allerdings steigerte das Abkommen auch europäische Direktinvestitionen. „Mexiko wäre ohne das Abkommen sicher nicht zum drittwichtigsten Absatzmarkt für deutsche Maschinenhersteller geworden“, sagt Johannes Hauser, Geschäftsführer der Deutsch-Mexikanischen Industrie und Handelskammer (AHK Mexiko). „Nach Inkrafttreten von Nafta und des Freihandelsvertrags mit der EU hat sich die Zahl der deutschen Firmen in Mexiko auf heute gut 2.000 verdoppelt.“
Auch Nafta wurde gerade neu verhandelt. Was bedeutet die doppelte Aktualisierung für deutsche Firmen?
Zum einen haben die Firmen jetzt Planungssicherheit, denn US-Präsident Donald Trump hatte mit der ersatzlosen Kündigung von Nafta gedroht. Andererseits müssen insbesondere die Automobilhersteller strengere Vorgaben akzeptieren. Das Nafta-Nachfolgeabkommen USMCA (USA-Mexiko-Kanada-Abkommen) sieht vor, dass spätestens 2027 mindestens 40 Prozent der Auto-Komponenten von Standorten kommen müssen, an denen die Arbeiter mindestens 16 US-Dollar pro Stunde verdienen – acht Mal mehr als derzeit in Mexiko üblich.
Was ist von der Öffnung des Handels mit landwirtschaftlichen Produkten durch das neue Abkommen mit der EU zu erwarten?
Deutsche Produzenten aus dem Nahrungsmittelbereich werden bestimmt die neuen Möglichkeiten nutzen. Aus Sicht der Kritiker entsteht damit aber noch mehr Druck auf Mexikos Kleinbauern, deren Produkte nicht mit subventionierten, industriell produzierten Nahrungsmitteln konkurrieren können. Doch in den vergangenen Jahrzehnten ist auch in Mexiko – oft mit ausländischer Beteiligung – ein spezialisierter Agrarexport-Sektor entstanden, der vom Klima und Billiglöhnen profitiert, etwa beim Anbau von Avocados, Brokkoli oder Beeren. Für diese Betriebe und auch für mexikanische Getränkehersteller sieht Johannes Hauser von der AHK großes Potenzial. „Deutsche Konsumenten sind offen für neue Produkte, zudem genießt Mexiko ein positives Image unter den Verbrauchern – zwei Pluspunkte, die mexikanische Unternehmer jetzt nutzen sollten.“
Was hat es mit der Öffnung des mexikanischen Auftragswesens für europäische Investoren auf sich?
Im Gesundheits- und Energiebereich kauft der mexikanische Staat regelmäßig Material für Millionenbeträge. Es ist also ein lukrativer Geschäftszweig. Die Auftragsvergabe in Mexiko ist aber intransparent und eine Quelle für Korruption. Durch die Beteiligung europäischer Firmen erhoffen sich Beobachter mehr Transparenz, denn jetzt müssen auch Bundesstaaten, Universitäten und Krankenhäuser ihre Ausschreibungen veröffentlichen und bestimmte Regeln einhalten. Kritiker hingegen sehen darin eine Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen durch die Hintertür.
Welchen Stellenwert haben Korruptions- und Armutsbekämpfung oder der Schutz der Menschenrechte in dem Abkommen?
Ein Kapitel des Abkommens widmet sich der Korruption. Neue Regeln sind darin jedoch nicht vorgesehen, es wird lediglich auf die bestehenden Selbstverpflichtungen verwiesen. Nichtregierungsorganisationen bemängeln, dass Risiken für die Menschenrechte überhaupt nicht in Betracht gezogen wurden. Neu ist dagegen, dass sich beide Seiten zur Investor-Staat-Streitbeilegung mittels Schiedsverfahren verpflichten. Solche Verfahren sind umstritten, weil damit Vorschriften zum Umwelt- und Verbraucherschutz ausgehebelt oder Großprojekte eingeklagt werden könnten.