Startups: „Es passiert gerade viel in Brasilien“
Die Initiative „Startups Connected“ fördert brasilianische und deutsche Startups. Programmkoordinator des DWIH São Paulo Marcio Weichert erklärt, wie das funktioniert.
Die Deutsche Auslandshandelskammer (AHK) und das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) in São Paulo betreiben seit 2016 „Startups Connected“. Sie bringen Gründer und große Unternehmen in Brasilien und Deutschland zusammen.
Herr Weichert, warum gibt es diese Initiative?
Wir möchten deutschen Startups den Weg nach Brasilien erleichtern und die brasilianischen Startups mit der deutschen Wirtschaft zusammenbringen. Daraus sollen Synergien entstehen, die für beide Länder erfolgversprechend sind. Die deutsche Wirtschaft hat ein großes Interesse an einer solchen Zusammenarbeit, da sie sich von brasilianischen Startups innovative Lösungen verspricht. Die Gewinner des Wettbewerbes dürfen sich auf dem Deutsch-Brasilianischen Innovationskongress vorstellen und nehmen anschließend an einem „Acceleration Programm“ teil, mit Coaching und Kontakten zu Forschung, Wirtschaft und potenziellen Kunden.
Welche Themen sind besonders vielversprechend für eine deutsch-brasilianische Zusammenarbeit?
Hinter acht Aufgaben des Wettbewerbs stehen deutsche Unternehmen und hinter einer das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Sie setzen die Themen selbst, und zwar danach, wie groß ihr Bedarf an Innovationen in diesem Bereich ist. Der Maschinenbauer Schuler sucht zum Beispiel innovative Startups zur Digitalisierung von Wertschöpfungsketten, Siemens zum Wohn-Energiemanagement, Volkswagen zur vernetzten Mobilität und BASF zu neuen Technologien in der Lebensmittelherstellung. Alle Themen kreisen auch um Ziele für nachhaltige Entwicklung. Gerade in diesen Bereichen ist die Zusammenarbeit vielversprechend, weil Brasilien und Deutschland sehr engagiert sind und viel Forschung betreiben.
Wie erging es den Gewinnern vom letzten Jahr?
Wir haben positive Rückmeldungen. Der deutsche Gewinner, das Startup Green Spin aus Würzburg, unterstützt mit Künstlicher Intelligenz Agrarproduzenten bei Entscheidungsprozessen. Der Gründer besuchte in Brasilien einen großen Agrarproduzenten, der Hersteller von Fruchtsäften beliefert, und knüpfte Kontakte zu Forschungseinrichtungen. Konkrete Kooperationen gibt es noch nicht, aber die Firma ist mit brasilianischen Unternehmen im Gespräch.
Zwei der brasilianischen Gewinner haben wir auf eine Reise nach Deutschland geschickt. Ein Startup im Bereich Industrie 4.0 gewann in Dortmund einen weiteren Preis, das andere Startup aus dem Bereich Nanotechnologie hat dank der Reise ein Geschäft in Österreich eröffnet und Kunden in Deutschland gewonnen. Alle haben sich sehr gefreut, dass ihnen durch die Initiative viele Türen geöffnet wurden.
Unterscheidet sich die Startup-Kultur zwischen Deutschland und Brasilien?
In Brasilien werden Startups oft von Graduierten gegründet, die bereits länger berufstätig waren und sich selbstständig machen. Außerdem ist die staatliche Förderung in Brasilien oft so angelegt, dass Gelder nicht zurückgezahlt werden müssen – das gibt den Startups zu Beginn viel Sicherheit.
Was sind bekannte brasilianische Startups?
In Brasilien gibt es viele Beispiele für erfolgreiche Startups. Eines entwickelte die App „99“ – früher „99Taxis“. Das Angebot ist mit Uber vergleichbar, also eine App, die Fahrer vermittelt. Sie entstand im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 – damals war Uber in Brasilien nicht aktiv. Das Startup wurde schnell über die Grenzen hinweg bekannt. Aber es gibt noch viele mehr – São Paulo hat zum Beispiel eine besonders lebendige Startup-Szene. Brasilien ist überhaupt ein attraktives Land für Startups trotz Finanzkrise. Ideen sind jetzt sehr gefragt, insbesondere seitens großer Unternehmen, die die Zusammenarbeit mit innovativen Startups suchen. Die Öffentlichkeit bekommt dies teilweise nicht mit, weil die häufigsten Kunden der Startups in Brasilien Unternehmen sind, nicht Endverbraucher. Die meisten Startups entwickeln Lösungen für Wirtschaft und öffentliche Verwaltung. Es passiert also sehr viel, und das ist auch eine große Chance für deutsche Startups. Wir vom DWIH und die AHK stehen ihnen gerne beratend und vermittelnd zur Seite.
Interview: Boris Hänßler