Ein Helpdesk für Menschenrechte
Mit einem weltweit einzigartigen Prozess unterstützt die Bundesregierung Unternehmen beim Aufbau nachhaltiger Lieferketten.
1.800 Unternehmen in Deutschland haben Ende Juli 2019 eine E-Mail mit einem Fragebogen zum Thema Menschenrechte erhalten. Eine Frage dort lautet: „Hat Ihr Unternehmen ein Verfahren eingerichtet, um potenziell negative Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf Menschenrechte zu identifizieren?“
Was ist der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte?
Die repräsentative Erhebung ist Teil des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP). Unternehmen in Deutschland sollen die Einhaltung von Arbeitsrecht, Sozialstandards und Umweltschutz entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten sicherstellen. Das gilt für rund 7.100 Unternehmen.
Wer hilft Unternehmen beim Aufbau nachhaltiger Lieferketten?
Aber wie kann ein Textilhändler in Deutschland verhindern, dass Näherinnen und Näher am anderen Ende der Welt in einsturzgefährdeten Fabriken Kleidung fertigen? Und wie kann der Betreiber eines Supermarktes dafür Sorge tragen, dass Erntehelfer auf Plantagen nicht ausgebeutet werden?
Für solche Fragen hat die Bundesregierung einen kostenlosen Helpdesk eingerichtet. Das ist weltweit einzigartig.
Der NAP-Helpdesk ist in der Agentur für Wirtschaft & Entwicklung (AWE) verankert. Experten für Entwicklungszusammenarbeit, Umwelt- und Sozialmanagement stehen Unternehmen für individuelle Beratungen zur Verfügung. Sie prüfen, ob vorhandene Prozesse, zum Beispiel für die Umweltverträglichkeitsprüfung, bereits auf die Anforderungen des NAP eingehen. Sie helfen, das weitere Vorgehen zu strukturieren und auf die wichtigsten Maßnahmen zu konzentrieren. Und sie beraten Unternehmen über Fördermittel, die es ihnen erleichtern, ihre Lieferketten sozial- und umweltverträglich zu gestalten.
Mit dem Online-Tool CSR-Risiko-Check können Unternehmen vorab Risiken in Bezug auf Umwelt, Arbeitsbedingungen und Gesundheit identifizieren.
Nutzen Unternehmen den Helpdesk?
Seit Gründung des NAP-Helpdesk im Herbst 2017 gab es rund 350 Beratungen. Zunächst hätten vor allem Großunternehmen das Angebot genutzt, jetzt kämen zunehmend kleine und mittelständische Betriebe, berichtet die Leiterin des NAP-Helpdesks, Katharina Hermann.
Welche Herausforderungen gibt es?
Besonders komplex ist zum Beispiel die Lieferkette im Agrarsektor, wenn Kleinbauern in Entwicklungs- und Schwellenländern an deren Anfang stehen. Für das Beschwerdemanagement müssen Händler prüfen, wo sie am dichtesten am Geschehen sind und an welcher Stelle der Lieferkette Betroffene ihre Rechte geltend machen können. Dazu sind regionale oder branchenspezifische Lösungen sinnvoll. Für den Rohstoff Palmöl beispielsweise, gebe es eine Kontrollinstanz, die sowohl von der Lebensmittel- als von der Kosmetikindustrie genutzt werde, erklärt Hermann.
Sie räumt ein; „Man wird in schwierigen Märkten keine perfekten Zulieferer finden.“ Oft müssten Kapazitäten für Sozial- und Umweltstandards dort erst aufgebaut werden. Auch in den Unternehmen dauere es, Prozesse aufzusetzen und Nachhaltigkeit in der Unternehmenskultur zu etablieren.
„Die Unternehmen benennen sehr ehrlich ihre Schwierigkeiten beim Einrichten und Kontrollieren nachhaltiger Lieferketten. Aber einige stehen schon besser da, als sie gedacht hatten.“
Welche positiven Entwicklungen gibt es schon?
Zum Beispiel das Textilbündnis, den Roundtable Sustainable Palmoil (RSPO), das Kakaoforum, die Initiative Accord on Fire and Building Safety in Bangladesh, den Roundtable Human Rights in Tourism oder der Indendent Complaints Mechanism im Finanzsektor.