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Schulen und Schüler als Partner für die Zukunft

Die Partnerschulinitiative PASCH knüpft in Russland vielfältige Kontakte.

Роберт Калимуллин, 13.01.2016

Noch zweieinhalb Jahre sind es bis zum Sommer 2018, wenn Deutschland bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland als Titelverteidiger ins Rennen geht. Ob es das Team dann wieder ins Finale schafft, das im Moskauer Luschniki-Stadion stattfindet, ist nicht gewiss. Fest steht: in den künftigen Austragungsorten in Russland lernen schon heute Schüler eifrig Deutsch, um 2018 die mitgereisten Anhänger der Nationalmannschaft in deren Muttersprache durch ihre Stadt führen zu können.

Sie haben Deutsch-Unterricht an sogenannten PASCH-Schulen. Die Abkürzung PASCH steht für die 2008 von Bundesaußenminister Steinmeier ins Leben gerufene Partnerschulinitiative des Auswärtigen Amtes. Projektpartner sind die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), das Goethe-Institut (GI), der Pädagogische Austauschdienst der Kultusministerkonferenz (PAD) und der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD). Gemeinsames Ziel ist der Aufbau eines weltumspannenden Netzwerkes, um bei jungen Menschen Interesse und Begeisterung für das moderne Deutschland und die deutsche Sprache zu wecken.

Weltweit umfasst das PASCH-Netzwerk mehr als 1800 Schulen, 108 von ihnen befinden sich in Russland. „Das PASCH-Programm vereint drei Schultypen“, erklärt Julia Elsner, die als Projektreferentin am Moskauer Goethe-Institut die Arbeit mit den Partnerschulen betreut. Da sind zunächst die deutschen Auslandsschulen, von denen es in Russland jeweils eine in Moskau und in St. Petersburg gibt. Diese werden ebenso von der ZfA betreut wie 91 Schulen von Kaliningrad bis Jakutsk, an denen Schüler das Deutsche Sprachdiplom der Kultusministerkonferenz (DSD) erwerben können, dessen zweite Stufe (DSD II) die sprachlichen Voraussetzungen für ein Studium in Deutschland attestiert.

Schließlich, so Elsner, „gibt es in Russland noch 15 sogenannte Fit-Schulen, die vom Goethe-Institut betreut werden. Ziel ist auch hier, die Schüler auf ein Fachstudium in Deutschland vorzubereiten, der Weg ist ein anderer. Es handelt sich um exzellente Schulen mit einem Schwerpunkt besonders in den MINT-Fächern.“ Die Abkürzung MINT steht für Unterrichtsfächer in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.

Die Lernerzahlen im Fach Deutsch sind seit Einführung des Fit-Programms an den 15 geförderten Schulen in Russland um rund 25 Prozent gestiegen, von 4800 auf 6000. „Eltern finden das Angebot attraktiv“, berichtet Elsner, „oft können wir neue Parallelklassen einrichten, in denen Deutsch unterrichtet wird und zudem bereits in früheren Jahrgangsstufen beginnen.“ Der Spracherwerb in Deutsch als zweiter Fremdsprache wird ergänzt durch Unterrichtsprojekte, die Fachwissen vermitteln. „Ein Beispiel ist unser Projekt ‚Umwelt macht Schule‘. Hier werden etwa die Unterrichtsfächer Deutsch und Biologie verknüpft.“

Nicht wenige Absolventen der 108 PASCH-Schulen studieren inzwischen in Deutschland. Der Weg von der PASCH-Schule zum Studium in Deutschland wird unterstützt durch eine Reihe von Stipendienprogrammen. 130 Stipendiaten des DAAD, die zu den Absolventen von PASCH-Schulen in aller Welt gehören, begrüßte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier Ende September 2015 im Auswärtigen Amt. Er machte dabei deutlich, dass Deutschland den Partnerschulen auch eine wichtige Rolle beimisst, ausländische Studierende für deutsche Universitäten zu gewinnen, zugleich weltweit Austausch und Freundschaften zu pflegen und damit zu einem besseren gemeinsamen Verständnis beizutragen.

Neben der Möglichkeit eines Studiums in Deutschland ist es die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland, auf die Schüler wie Lehrer hinarbeiten – in dem Wissen, das internationale Gäste die Möglichkeit geben, Sprachkenntnisse auch anzuwenden. „Wir wollen die Gelegenheit beim Schopf ergreifen“, sagt auch Anne Schönhagen, stellvertretende Institutsleiterin des Goethe-Instituts Moskau und verantwortlich für die Spracharbeit. „Die Fußball-Weltmeisterschaft ist ein wichtiger Meilenstein.“ Neben der WM stehen in Russlands Nachbarschaft weitere Großereignisse an. 2017 lädt Kasachstans Hauptstadt Astana zur Weltausstellung Expo ein, während in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat die „Asian Indoor and Martial Arts Games“ stattfinden.

Direktoren von knapp 50 PASCH-Schulen aus Russland, der Ukraine, Belarus, Georgien, Armenien, Aserbaidschan, Tadschikistan, Kirgistan und Kasachstan kamen aus diesem Anlass im September 2015 im russischen Sotschi zusammen, um sich über die Schule der Zukunft auszutauschen und Anregungen zu sammeln – in einer Stadt, die mit den Olympischen Winterspielen 2014 bereits ein internationales Großereignis ausgerichtet hat.

Zu den Referenten bei der vom Goethe-Institut organisierten Konferenz gehörte der deutsche Erziehungswissenschaftler Reinhard Kahl. Seine Thesen setzten einen Kontrapunkt zu der Leistungsorientierung, die für das Bildungswesen in vielen postsowjetischen Ländern noch immer prägend ist. Kahl stellte in seinem Vortrag das pädagogische Eingehen auf die Schüler und den zivilgesellschaftlichen Beitrag der Schulen in den Mittelpunkt.

„Dass über solch einen Ansatz auch die Leistung steigt, hat die Schulleiter sehr interessiert“, berichtet Anne Schönhagen. Von einer „Netzwerkbildung unabhängig von Politik und Wirtschaft“ spricht Julia Elsner angesichts der Konferenz in Sotschi. Dass Schulleiter von PASCH-Schulen aus Ländern in Osteuropa und Zentralasien, deren politische Beziehungen nicht immer einfach sind, zum sachlichen Austausch über Bildungsfragen zusammenkommen, ist auch ein Teil der Erfolgsgeschichte des Partnerschulnetzwerks: „Deutsch verbindet diese Menschen, unabhängig von Spannungen.“