Gemeinsam Leben retten
Bessere Notfallmedizin, effektivere Krebsbehandlung, mehr Diagnostik: Wie Klinikpartnerschaften die Gesundheitsversorgung in Afrika verbessern.
Ein bestimmter Moment hat sich der Krankenschwester Joseline Nuwamanya tief eingeprägt: Kurz nachdem sie einen Kurs zur Versorgung und Reanimation von Neugeborenen absolviert hatte, war sie im Lubaga Hospital in Kampala mit einem Notfall konfrontiert. „Ich habe die Wiederbelebungstechniken angewendet, die ich gelernt hatte – und das Baby, das schon blau im Gesicht war, fing an zu atmen! Dieses Glücksgefühl werde ich nie vergessen.“
Schulungen, die Leben retten
Joseline Nuwamanya wollte ihr Wissen weitergeben und ließ sich darin ausbilden, selbst Kurse in „Newborn Life Support (NLS)” zu geben. Seit 2021 hat sie rund 300 Pflegekräfte, Hebammen, Ärztinnen und Ärzte in Uganda geschult. „Es ist wunderbar, wenn ehemalige Teilnehmende mir erzählen, dass sie Leben gerettet haben.“
In Uganda ist die Neugeborenen- und Kindersterblichkeit hoch, ebenso die Zahl der Todesfälle aufgrund von Infektionskrankheiten oder Verkehrsunfällen. Viele Menschen könnten durch eine bessere notfallmedizinische Versorgung gerettet werden, die von der ugandischen Regierung vorangetrieben wird, aber noch im Aufbau begriffen ist. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet die Arbeitsgemeinschaft Notfallmedizin Fürth e. V. (AGNF) in Deutschland.
Notfallversorgung für Verletzte, Neogeborene und Kinder
2019 organisierte sie erste Schulungen in grundlegender Notfallversorgung für Klinikpersonal in Uganda, später kamen spezialisierte Kurse zur Notfallversorgung von Verletzten sowie von Neugeborenen und Kindern hinzu. „Wir haben die Kurse zunächst in Zusammenarbeit mit großen Krankenhäusern angeboten“, sagt die Notfallsanitäterin Laura Beutler, bei der AGNF zuständig für internationale Projekte. „Teilnehmende mit besonders guten Ergebnissen konnten eine Weiterbildung machen, um ihr Wissen an das medizinische Personal in kleineren Einrichtungen weiterzugeben.“
Große Nachfrage nach Schulungen
Das Interesse sei sehr groß: Allein in den vergangenen beiden Jahren nahmen mehr als 500 medizinische Fachkräfte an Schulungen teil, rund 100 absolvierten wie Joseline Nuwamanya einen Train-the-Trainer-Kurs.
Ermöglicht wurden die Projekte durch das Programm „Klinikpartnerschaften – Partner stärken Gesundheit“, das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der Else Kröner-Fresenius-Stiftung finanziert und von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) umgesetzt wird. Es unterstützt seit 2016 langfristige Partnerschaften zwischen deutschen Organisationen des Gesundheitssektors und öffentlichen Gesundheitseinrichtungen in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen. Die Partnerschaften tragen dazu bei, die Gesundheitsversorgung in den Ländern zu verbessern. Im Rahmen der Klinikpartnerschaften wurden bis Ende 2024 rund 560 Projekte gefördert, knapp zwei Drittel davon in Afrika.
Gemeinsamer Kampf gegen Krebs in Äthiopien
Neben Uganda gehört Äthiopien zu den beteiligten Ländern. Brust- und Gebärmutterhalskrebs machen zusammen ein Drittel aller Krebserkrankungen in Äthiopien aus. Dass ein Großteil der Diagnosen erst in fortgeschrittenem Stadium erfolgt, verschlechtert die Behandlungsmöglichkeiten. Die Martin-Luther-Universität (MLU) in Halle, Partnerhochschule der Universität Addis Abeba, arbeitet seit 2018 mit Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen in Äthiopien zusammen, um Prävention, Diagnose und Behandlung von Krebserkrankungen bei Frauen zu verbessern.
Über die Klinikpartnerschaft fanden zahlreiche Schulungen für Fachärztinnen und -ärzte statt. Zudem wurden vier gynäko-onkologische Zentren in verschiedenen Regionen Äthiopiens aufgebaut und mit modernen Operationsinstrumenten sowie Labormitteln ausgestattet. Es gebe einen intensiven Austausch, sagt Dr. Eric Kröber von der MLU: „Regelmäßig kommen Kolleginnen und Kollegen aus Äthiopien nach Halle, um unter anderem Einblicke in unsere Operationsmethoden zu bekommen.“ Derzeit arbeiten die Partner daran, die Versorgungskette vor allem in ländlichen Regionen zu verbessern, wo spezialisierte Ärztinnen und Ärzte fehlen: So wird etwa ein Online-Kurs zum Brust- und Gebärmutterhalskrebs-Screening entwickelt, der sich an Pflegekräfte und Hebammen richtet.
Mikro-Labore gegen Infektionskrankheiten
Die mikrobiologische Diagnostik steht im Mittelpunkt der Klinikpartnerschaft des Universitätsklinikums Münster (UKM) mit dem Masanga Hospital in Sierra Leone. Seit 2019 wurde in dem Krankenhaus ein mikrobiologisches Labor auf- und ausgebaut: Zunächst wurde Basisausstattung angeschafft und das Personal in Labortechniken geschult, danach wurden mikrobiologische Blutuntersuchungen ermöglicht, schließlich die Diagnosemöglichkeiten für Tuberkulose und die Weichgewebe-Infektion Buruli-Ulkus verbessert.
Bei den importierten Geräten handelt es sich zum Beispiel um handliche Kartuschen mit integriertem PCR-Labor, in dem DNA-Analysen durchgeführt werden können. Die Apparate seien an die schwierigen Bedingungen in Masanga angepasst, wo es kaum fließendes Wasser gibt und häufig der Strom ausfällt, sagt Professor Frieder Schaumburg vom UKM: „Diese Technik ist ideal für Orte, an denen keine kontaminationsfreien Arbeitsflächen vorhanden sind. Wir achten auch darauf, dass die Geräte möglichst wenig störanfällig sind und das Personal vor Ort sie mittelfristig selbst warten und reparieren kann. Das Team ist hochmotiviert und sehr stolz auf die Verbesserungen.“
Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anderer Kliniklabore in Sierra Leone kämen inzwischen nach Masanga, um ihre Kenntnisse zu erweitern. Schaumburg hofft, dass dadurch ein Netzwerk entsteht, das beispielsweise zur Bildung von Einkaufsgemeinschaften führen könnte. „Das wäre sehr wichtig, denn oft haben die Hersteller von Laborbedarf kein Interesse daran, einzelne kleine Labore in Afrika zu beliefern.“
Derzeit setzen die Partner in Masanga ein System zum Qualitätsmanagement auf. Durch den Laborausbau in kleinen Schritten könnten die einzelnen Module vor Ablauf der Projektförderung in den Regelbetrieb integriert werden, erläutert Schaumburg: „Das Klinikpartnerschaften-Programm ist so wertvoll, weil alles ineinandergreift und wirklich nachhaltige Fortschritte ermöglicht werden.“