Jugend debattiert in Kasachstan – auf Deutsch
Ein Bildungsprojekt fördert Sprache und Debattenkultur: Kasachische Jugendliche überzeugen mit klugen Argumenten und souveränem Auftreten.
Das Wort hat nun die Pro-Seite. Gespannt lauscht das Publikum in der Aula des 18. Gymnasiums in Almaty, wie die vier Finalistinnen ihre Positionen begründen. Auf der Bühne herrscht eine konzentrierte Atmosphäre, jede Aussage wird genau abgewogen. Die Finalfrage, ob Kasachstan ein neues Atomkraftwerk bauen soll, ist hoch aktuell: Nur wenige Tage zuvor hatte ein Referendum gezeigt, dass rund 70 Prozent der kasachischen Bevölkerung dem Vorhaben zustimmen. Nun liegt es an den jungen Debattantinnen, die Argumente aus beiden Perspektiven zu präsentieren – und das auch noch in der Fremdsprache Deutsch.
Projekt mit internationaler Ausrichtung
„Jugend debattiert“ ist ein weltweit etabliertes Bildungsprojekt, das Deutschlernende dazu ermuntert, gesellschaftlich relevante Themen zu durchdringen und ihre Positionen in respektvollem Austausch zu vertreten. Der Wettbewerb, der in vielen Ländern erfolgreich umgesetzt wird, fand 2024 erstmals in Kasachstan statt. Organisiert von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), war er ein weiterer Meilenstein für die Förderung der deutschen Sprache.
„Ich habe gespürt, dass Kasachstan bereit ist für dieses Projekt“, sagt Mario Schönfeld, Fachberater für Deutsch der ZfA und Initiator des Wettbewerbs. „Zum einen gibt es genug Schülerinnen und Schüler, die gut Deutsch sprechen, zum anderen nähert sich Kasachstan zunehmend der in westlichen Demokratien üblichen Debattierkultur an.“
Von den Vorwettbewerben zum großen Finale
An sieben Schulen in Kasachstan lernen derzeit rund 5.000 Schülerinnen und Schüler in den Klassen eins bis elf Deutsch, als erste oder zweite Fremdsprache. Manche erreichen das fortgeschrittene Niveau B1 oder höher. Von diesen beteiligten sich 40 Zehntklässler an schulischen Vorwettbewerben, bei denen sie in Debattierclubs ihre Argumentationsfähigkeiten zu unterschiedlichsten Themen trainierten. Schließlich qualifizierten sich 14 Jugendliche für das landesweite Finale im Oktober 2024 in Almaty.
Die Veranstaltung war der spannende Höhepunkt, nicht nur für die Schülerinnen und Schüler, sondern auch für die Lehrkräfte und die vielen Gäste, darunter Vertreter des deutschen Generalkonsulats. Die Jury bewertete Rhetorik, Sprachbeherrschung und Auftreten. Am Ende entschied sich die Jury für Sofya Tyl von der DSD-Schule Nr. 46 in Astana mit ihrer klaren Argumentation und selbstbewussten Ausstrahlung.
Positive Resonanz und optimistischer Ausblick
Mario Schönfeld zieht eine äußerst positive Bilanz: „Die Motivation der Jugendlichen ist einfach toll. Und viele von ihnen wollen später in Deutschland studieren.“ Auch andere Schulen signalisierten Interesse an einer Teilnahme, für 2025 ist bereits eine Fortsetzung geplant. Doch damit nicht genug, denn Schönfeld hat eine klare Vision: „Warum nicht ‚Jugend debattiert‘ in ganz Asien etablieren? Bisher könnte sich neben Kasachstan zwar nur China beteiligen, aber was nicht ist, kann ja noch werden.“