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„Er war seiner Zeit voraus“

Der argentinische Wissenschaftler Francisco J. Barrantes über die Wirkung Alexander von Humboldts auf Lateinamerika.

Anne Herrberg, 06.09.2019
Prof. Dr. Francisco J. Barrantes
Prof. Dr. Francisco J. Barrantes © Privat

Herr Barrantes, wie prägt die Vision Humboldts die Wissenschaft in Lateinamerika?

Humboldts Relevanz für die Wissenschaft liegt vor allem in seiner Methodik, die Dinge aus einer globalen, ganzheitlichen Perspektive zu betrachten: Alles in der Natur ist miteinander verbunden. Vor allem in Bezug auf das Thema Klima war er seiner Zeit voraus. Er erkannte, dass Mensch und Klima sich gegenseitig beeinflussen. Wegweisend war auch seine Vision der Biogeographie: Im Gegensatz zu Carl von Linné ging es ihm weniger um die Beschreibung einzelner Pflanzenarten als um die Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Arten, ihre geographische Verteilung und Zusammenhänge mit andere Lebensformen. Mit anderen Worten: für die Umwelt als Ganzes.

Was könnten Politiker oder Wissenschaftler heute von Alexander von Humboldt lernen?

Von Humboldt war im Grunde der erste „Ökologe“ und trug diese Ideen schon seinerzeit auch an Politiker heran, vor allem in Nordamerika. Es ging ihm darum, die Natur als etwas Ganzheitliches, als lebendigen Organismus zu behandeln. Schon damals war sich von Humboldt der schädlichen Folgen von Entwaldung oder bestimmter Methoden der künstlichen Bewässerung bewusst und hat damit die dringenden Themen der heutigen Zeit vorweggenommen.

Wie würde Lateinamerika heute auf Alexander von Humboldt wirken?

Ich vermute, dass seine größte Besorgnis dem dramatischen Artenverlust gelten würde. Und dazu wäre er schrecklich traurig über die verheerenden Waldbrände im Amazonasgebiet,  aber auch im Norden Argentiniens oder in Afrika. Er wäre sicherlich äußerst unzufrieden mit dem Verhalten der Politiker und der Trägheit der Regierungen, die viele unumkehrbare  Verluste zu ignorieren scheinen, statt klüger für den Erhalt unserer wertvollen natürlichen Ressourcen zu kämpfen.

Weiß die allgemeine Bevölkerung in Lateinamerika, wer Alexander von Humboldt war?

Ich glaube, der „durchschnittliche“ Lateinamerikaner weiß heute nicht, wer Humboldt war, das ist in Nordamerika oder Europa wohl nicht anders. Man verbindet mit dem Namen eventuell Naturphänomene wie den „Humboldt-Strom“ oder eine Universität, aber über die Besonderheiten seiner Arbeit ist wenig bekannt. Bekannter ist er in den Ländern, die er auf seinen Reisen besuchte: Kolumbien, Kuba, Ecuador, Peru, Mexiko und Venezuela.

 

Zur Person:

Prof. Dr. Francisco J. Barrantes ist Leiter des Labors für Molekulare Neurobiologie an der Fakultät der Medizinischen Wissenschaften der Universidad Católica Argentina (UCA), Buenos Aires, und Präsident der Alumni-Vereinigung der Humboldt-Stiftung in Argentinien

 

© www.deutschland.de

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