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Nicht perfekt, aber selbst gemacht: Warum Heimwerken in Deutschland Kult ist

Wolf ZinnWolf Zinn, 05.12.2024
Schnitzel & Smalltalk

Laut einer aktuellen Umfrage greifen rund 70 Prozent der Deutschen regelmäßig zu Hammer und Bohrmaschine. Die deutsche Heimwerkerkultur ist weit mehr als nur ein Hobby. Baumärkte gleichen Innovationszentren, in denen die nächste Mission minutiös geplant wird. Ob der Balkon wirklich die achte Solarleuchte braucht, ist nebensächlich. Wichtig ist, dass wir sie selbst montieren. Schiefe Fliesen und nervöse Tischbeine sind eine Hommage an das individuell Handgemachte – ein Statement wider die Perfektion des Möbelhauses.

Längst hat das Heimwerken die virtuelle Welt erreicht. In millionenfach geklickten Videos verraten Do-it-yourself-Influencer, wie man „in nur zehn Minuten“ eine „superschöne“ Gartenbank aus alten Paletten zaubern kann. Drei Tage, zwei Pflaster und einen Notruf später weiß man, was man geleistet hat. 

Auch die Missgeschicke sind online, ob als Warnung oder zum Mitlachen: Regale, die schräg hängen, weil man die Wasserwaage als optionales Zubehör betrachtet. Toiletten, die sich hinter Türen verbergen, die sich nicht mehr öffnen lassen. Oder Dachboden-Ausbauten, bei denen ein temperamentvoller Hammerschlag für freundliches Tageslicht sorgt. 

Manchmal entpuppt sich eine Baustelle sogar als Fundgrube. So etwa bei einem Paar in Bayern, das bei Renovierungsarbeiten Geldscheine und Briefe aus den 1920er-Jahren entdeckte. Jede aufgebrochene Wand birgt das Versprechen eines Schatzes – und macht den Heimwerker zum Archäologen.

Währenddessen bringt die DIY-Branche Innovationen hervor, die unterstreichen, dass Deutschland das Land der Ingenieurskunst ist. Jüngstes Beispiel: ein Dübel-Entferner, der das Leben aller Heimwerkerinnen und Heimwerker revolutionieren soll. Ein potenzieller Verkaufsschlager! Denn mit einem widerspenstigen Dübel fertig zu werden, ist jedes Geld wert. 

Auch wenn der Farbton der Wohnzimmerwand am Ende eher „Matschgrau“ als „Elegantes Taupe“ ist – der Stolz, es mit eigenen Händen geschafft zu haben, bleibt ungebrochen. Bis man durch beherztes Bohren die Wasserleitung trifft. Dann rufen selbst die Deutschen einen echten Handwerker.